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Fraunhofer IFAM - eine neue Heimat in Deutschland - oder das Ergebnis der Gleichung Deutschland³

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Mein Name ist Welchy Leite Cavalcanti - und wie Sie vielleicht schon aus dem Kontext der Überschrift erraten haben, habe ich einen nicht-deutschen kulturellen Hintergrund. Ich wurde in Rio de Janeiro, Brasilien, geboren und bin als Kind nach Florianopolis, Brasilien, gezogen. Später wurde ich Physikerin und bin es seitdem!

...und im Januar 2001 habe ich einen Satz auf Deutsch gesagt, der mein ganzes Leben verändert hat!

 

Ich sagte: »Spielen Sie Fußball?« 

Man könnte auch sagen: »Der deutsche Fußball hat mein Leben verändert« - aber da dies seit das berühmt-berüchtigte 7:1 zwischen Deutschland und Brasilien im WM-Halbfinale 2014 in so wichtige Rolle in den Kulturen beider Länder spielt, ist das einfach nicht angemessen! 

Zurück zu dem Satz, der mein Leben verändert hat und zu der Person, die ich auf Deutsch fragte: »Spielen Sie Fußball?«: Er war ein Physikprofessor aus Berlin, der an einer wissenschaftlichen Konferenz in Itapema in der Nähe von Florianopolis in Brasilien teilnahm, und in einer Pause standen wir nebeneinander und schauten anderen Wissenschaftlern beim Fußballspielen zu. Während des Smalltalks veranlasste mich eine unerklärliche, größere Macht, meine Deutschkenntnisse auszuprobieren, und es scheint, dass dieser Smalltalk einen großen Einfluss auf die Person und den Wissenschaftler hatte, der ich geworden bin, und auf die Tatsache, dass meine »wissenschaftliche Heimat« jetzt das Fraunhofer IFAM in Deutschland ist.  

Am Ende unseres Gesprächs einigten wir uns darauf, dass ich für drei Monate als Doktorand am Max-Planck-Institut in Berlin zu Gast sein würde. Aufregende Neuigkeiten! 

 

Folge Deinem Herzen und wage etwas Neues

Manchmal muss man im Leben einfach seinem Herzen folgen und etwas tun, das vielleicht verrückt klingt, sich aber richtig anfühlt! Ein paar Monate später packte ich also meine Sachen und zog nach Berlin. 

Anfangs stand ich vor vielen Herausforderungen, aber diese erste Gelegenheit war entscheidend für mich, um zu verstehen, dass ich bereit war, im Ausland zu leben. Mein Englisch wurde in diesen drei Monaten in Deutschland fließend, und mein Deutsch verbesserte sich erheblich. Für mich war das ein großer Schritt. In dieser Zeit ging es darum, jeden Tag etwas Neues zu lernen und die Kultur zu lieben. Dieser Anfang gab mir den Impuls, den ich brauchte, um sowohl persönlich als auch beruflich zu wachsen. Jeder Tag war eine Lernerfahrung, ich fühlte mich wie ein Kind, das die Welt entdeckt, und dieses Gefühl, wenn man erwachsen ist, ist beeindruckend.

Alles passte irgendwie zusammen: meine Englischkenntnisse verbesserten sich erheblich, und ich genoss das Leben in Berlin! Es war eine unglaubliche Lernerfahrung, in einem so renommierten wissenschaftlichen Umfeld zu sein, umgeben von einigen der besten Köpfe der Welt. Die Vorlesungen zu besuchen und festzustellen, dass ich sie sogar auf Englisch verstehen konnte, war ebenso lohnend wie die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die ich gewann. Die Möglichkeit, mit Spitzenwissenschaftlern in Kontakt zu treten, war von unschätzbarem Wert. 

 

Die Herausforderungen und Chancen des Lebens im Ausland

Eine wichtige Lektion, die ich gelernt habe, ist, dass man als Ausländer das Gefühl haben kann, unter seinen intellektuellen Fähigkeiten wahrgenommen zu werden, nur weil man Schwierigkeiten hat, sich und sein Wissen in einer neuen Sprache auszudrücken. Dieses Gefühl ist unter denjenigen, die im Ausland studieren oder arbeiten, vielleicht weit verbreitet. Wir sind in einer Fremdsprache nie so eloquent oder schlagfertig wie in unserer Muttersprache, aber das schmälert nicht unsere Intelligenz. Die Menschen sind sich vielleicht nicht bewusst, welch große Schritte wir machen, wenn wir in einer fremden Kultur leben und arbeiten. Oder mit Menschen aus einer fremden Kultur. Wir können also darauf vertrauen, dass wir leicht herausfinden werden, wer in unserem Gastland offen für Kommunikation ist. Für jeden mag es viel einfacher sein, in der Bequemlichkeit der eigenen Kultur zu bleiben, aber diesen Schritt zu wagen, ist ein wichtiger und mutiger Schritt im Leben. Auf diese Weise können wir das Leben interessanter machen!

Tatsächlich wird diese ständige Herausforderung, im Ausland zu leben, zu einer Art Sucht. Jeder Tag ist eine neue Lernerfahrung: Brot kaufen, zum Arzt gehen, Behördengänge erledigen - alles in einer anderen Sprache und in einem anderen Stil. Diese persönlichen Herausforderungen sind nicht isoliert; sie tragen auch zu unserem beruflichen Wachstum bei. Nennen Sie es Interdisziplinarität! Die Bewältigung der täglichen Hürden in einer fremden Umgebung schärft unsere Problemlösungskompetenz, Anpassungsfähigkeit und Belastbarkeit, die in einer wissenschaftlichen Karriere von unschätzbarem Wert sind. Bei jedem Schritt, den wir machen, lernen und wachsen wir und passen uns ständig an neue Situationen an.

Wenn Sie einmal Teil der internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaft geworden sind, gibt es kein Zurück mehr! Die Welt wird kleiner, und man ist nicht mehr nur Teil einer brasilianischen Universität, sondern ein internationaler Forscher, der sowohl durch seine persönlichen als auch durch seine beruflichen Erfahrungen bereichert wird.

 

Klingt also alles ziemlich perfekt, oder?

Nun - das war es nicht! Ich lebte zwischen zwei Welten - ich mochte die Sicherheit und die strukturierte Herangehensweise an die wissenschaftliche Arbeit in Deutschland, aber ich habe natürlich auch die brasilianische Sonne und die Lebendigkeit in Brasilien vermisst.

Glücklicherweise hat mich meine wissenschaftliche Gemeinschaft in Brasilien nicht wirklich rausgeschmissen, sondern mich vielmehr dabei unterstützt, als Person und wissenschaftlich zu wachsen, indem ich meinen Horizont erweitert habe. Ich hatte Glück und ein Kollege von mir wies mich auf ein Stellenangebot an der IUB (jetzt Constructor University) in Bremen mit Prof. Florian Müller-Plathe hin, der - wie sich herausstellte - etwas Portugiesisch sprach, bereits in Brasilien gewesen war und einige Beziehungen zu brasilianischen Forschern hatte. Er wurde für mich zu einem Mentor und förderte mein unabhängiges Denken - wofür ich ihm immer dankbar sein werde! In Florians Gruppe lernte ich einige großartige Menschen kennen, die ich immer noch mit Stolz als Freunde bezeichnen kann. Außerdem habe ich gelernt: Im Leben geht es darum, Verbindungen mit Menschen zu knüpfen - Verbindungen, die auch bei langer Abwesenheit und über Grenzen hinweg erhalten bleiben!

 

»Man trifft sich immer zweimal im Leben!«

Ich mochte Bremen sehr, aber 2005 wurde die junge wissenschaftliche Gruppe, der ich angehörte, nach Darmstadt verlegt. Als ich 2006 beschloss, dass ich in Deutschland bleiben wollte, hoffte ich, dass in Bremen neue Projekte auf mich warten würden.

Im Jahr 2006 wurde ich für eine Stelle am Bremen Center for Computational Materials Science (BCCMS) an der Uni Bremen interviewt und - wieder einmal - wurde mir klar, was es heißt, »international« zu sein, denn ich traf einen alten Freund aus Berlin, der zu dieser Zeit ebenfalls am BCCMS anfing. 

»Man trifft sich immer zweimal im Leben!« lautet ein altes Sprichwort. So wahr - sowohl in Bezug auf Bremen als auch auf den Freund, den ich wieder getroffen habe. Ich hatte das Glück, der Gruppe beizutreten und begann, das anzuwenden, was ich in der Gruppe von Professor Müller-Plathes gelernt hatte: Ich brachte meine eigenen Ideen ein und wir bekamen tatsächlich mein erstes eigenes Projekt genehmigt. Ich befand mich in einem Umfeld, das meine Entwicklung erheblich förderte! Als sich der Postdoc-Vertrag dem Ende zuneigte, musste ich mir wieder eine neue Stelle suchen. Jeder, der ein Postdoc ist, weiß genau, wie sich das anfühlt!

Im Juni 2008 sah ich eine Stellenausschreibung am Fraunhofer IFAM und war sofort Feuer und Flamme. Ich wollte diese eher industrienahe Stelle unbedingt haben, obwohl der Bewerbungsprozess hart war und das Stellenangebot wiederum zeitlich begrenzt war. Am Ende war ich sehr glücklich, denn ich bekam die Stelle am Fraunhofer IFAM und noch viel mehr: Ich habe dort eine neue wissenschaftliche Familie und schließlich sogar eine persönliche Familie gefunden.

In der Zwischenzeit bin ich ein echter »IFAMese« geworden und ich bin stolz darauf, Kollegen und Kunden aus Brasilien und mehreren europäischen Ländern gewonnen zu haben, um die Familie am Fraunhofer IFAM in vielen verschiedenen internationalen Projekten kennenzulernen. 

Ich liebe die Arbeit am Fraunhofer IFAM und hatte das Glück, Gastgeberin für viele brasilianische Studenten zu sein. Ich genieße das Arbeitsumfeld und beherrsche mittlerweile auch die deutsche Sprache gut. Ich erlebe die Menschen am Fraunhofer IFAM als aufgeschlossen, ergebnisorientiert und kontaktfreudig - eine gute Matrix für internationale Zusammenarbeit. Es macht mir Spaß, in internationalen Projektgruppen zu arbeiten, und ich lerne am Fraunhofer IFAM Menschen aus verschiedenen Teilen der Welt kennen und bekomme viel Unterstützung für meine internationalen Projekte, was ich sehr schätze!

 

»Deutschland³«: (Bremen x Fraunhofer IFAM x Wissenschaft) = Fortschritt

Die letzten Projekte, die mich und mein Forschungsnetzwerk wachsen ließen, waren EU Horizon 2020-Projekte. Ihr wollt raten, was mein Entrée war? Mein internationales Netzwerk aus meiner Zeit in Florians Team, das sich zu einem Netzwerk aus Universitäts- und Industrieforschern entwickelt hatte!

Ich bin Physikerin und Molekulare Modellierung ist mein Schwerpunkt - aber es hat Jahre gedauert, bis ich die hohe Gleichung »Deutschland³«: (Bremen x Fraunhofer IFAM x Wissenschaft) = Fortschritt entwickelt und ausgeformt habe und ich würde sagen: 

»Ich bin ein stolzer Teil des Fraunhofer IFAM und das Institut ist ein tolles Umfeld für deutsche und internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.«