Werkstoffkonzepte

Metallische Werkstoffe mit maßgeschneiderten Eigenschaften

Pulvermetallurgische Technologien bieten einzigartige Möglichkeiten, Eigenschaften und spezielle Eigenschaftskombinationen in Werkstoffen und Bauteilen zu realisieren. Im Fokus unserer Entwicklungen stehen die Verbesserung und Erweiterung des Eigenschaftsspektrums von Werkstoffen und Bauteilen sowie deren wirtschaftliche und ressourcenschonende Fertigung.

Die vielfältigen pulvermetallurgischen Fertigungsmöglichkeiten werden für verschiedenste Werkstoffentwicklungen angewendet oder aber gezielt weiterentwickelt bzw. angepasst. Hier stellen wir einige der Werkstoffkonzepte vor, die im Fokus unserer Forschungsarbeit stehen.

Elektrodenwerkstoffe

 

Elektroden sind die Schlüsselkomponenten eines jeden elektrochemischen Reaktors. Am Fraunhofer IFAM entwickeln, fertigen und testen wir Elektroden für verschiedene Anwendungen, z. B. für die Wasserstoffproduktion oder CO2 Umwandlung. In einem eigens dafür konzipierten Labor-Elektrolyseur kann die Anwendbarkeit der Elektroden unter realistischen Bedingungen eines alkalischen Elektrolyseurs getestet werden.

Hochtemperaturwerkstoffe

 

Thermomechanisch höchstbelastbare Werkstoffe sind in Zeiten immer weiter steigender Anforderungen, insbesondere hinsichtlich der Einsatztemperatur, fortwährend im Fokus der Materialforschung. Am Institut werden Werkstoffsysteme untersucht, die bevorzugt oder ausschließlich über pulvermetallurgische Routen herzustellen sind. Dazu zählt die Herstellung entsprechender Pulver wie auch deren Verarbeitung zu Halbzeugen oder fertigen Bauteilen.


Kompositwerkstoffe

 

Kompositwerkstoffe sind Materialien, die aus mindestens zwei unterschiedlichen Werkstoffen zusammengesetzt sind. Das Materialsystem besitzt verbesserte oder völlig neue Eigenschaften im Vergleich zu den einzelnen Werkstoffen. Entwicklung, Formgebung und Anwendung von Kompositen sind die Forschungsthemen am Fraunhofer IFAM. Insbesondere stehen dabei Teilchen- und Faserverbundwerkstoffe mit zumeist sehr hohem Füllstoffgehalt im Fokus. Aber auch Metall-Keramik-Durchdringungsverbundwerkstoffe, bei denen sich mindestens zwei jeweils zusammenhängende Phasen gegenseitig durchdringen, sind Gegenstand aktueller Untersuchungen.

Leichtmetalle

 

Die nach wie vor anhaltende Nachfrage insbesondere der Automobilindustrie nach konsequenter Nutzung von Stoff- und Formenleichtbau zur Gewichtsreduzierung von Fahrzeugen eröffnet interessante Möglichkeiten zum Einsatz von pulvermetallurgischen Aluminiumbauteilen. Die traditionelle Verarbeitung von Pulvermischungen im Formteilprozess (Pressen – Sintern – Kalibrieren) ermöglicht eine endkontur- und toleranzgenaue Fertigung komplexer Bauteile. Die erfolgreiche Entwicklung von pressfertigen Pulvermischungen (z. B. verschleißbeständige hartstoffhaltige Aluminiumsinterwerkstoffe) sowie von neuen Sintertechnologien (z. B. SLPS-Sintern) erlaubt heute die Massenproduktion von Bauteilen, die für einige Anwendungen bereits im Einsatz sind. 

Magnetische Materialien

 

Bei der Formgebung weichmagnetischer Verbundwerkstoffe – sog. SMCs (soft magnetic composits) – stützt das Institut sich auf seine langjährige Erfahrung aus der Pulvermetallurgie. Die pulverbasierten Funktionswerkstoffe sind für die Leitung und Verstärkung magnetischer Flüsse besonders geeignet und im Gegensatz zu konventionellen Legierungen auf Fe-Basis auch für den Einsatz bei hohen Frequenzen geeignet. Aus Gewichts- und Bauraumgründen ist für viele Anwendungen jedoch die Energiedichte der Hart- oder auch Permanentmagneten ausschlaggebend. Das Fraunhofer IFAM arbeitet an der ressourcenschonenden und wirtschaftlichen Fertigung komplexer Nd-Fe-B-Magnete. Dazu wurde der Metallpulverspritzguss für die Herstellung von Seltenerdmagneten adaptiert. Das Verfahren ermöglicht die Fertigung komplexer, endformnaher Bauteile mit wenigen Verfahrensschritten.

Magnetokalorische Materialien

 

Magnetische Kühlung ist eine neue, leistungsstarke und umweltfreundliche Technologie mit dem Potential, den Energie­verbrauch im Gegensatz zur konventionellen Kompressions­kühlung um ca.  30 % zu verringern. Die Technologie basiert auf dem magnetokalorischen Effekt (MCE), das heißt der Änderung der Temperatur eines Werkstoffes in Abhängigkeit des angelegten Magnetfelds. Der Wärmetransport vom magnetokalorischen Material ist dabei ein kritischer Faktor für die potentielle Leistung und Effizienz eines magnetokalorischen Systems. Um diesen zu optimieren, wird die Formgebung des magnetokalorischen Materials zu dünnwandigen Wärme­tauscher­strukturen mit Wandstärken von unter 500 µm angestrebt. Dafür optimiert das Fraunhofer IFAM die Fertigungsverfahren Metallpulverspritzguss, Extrusion oder Laser­schmelzen für die speziellen Anforderungen der magnetokalorischen Materialien.

Metallhydride zur reversiblen H2-Speicherung

 

Metallhydride sind Feststoffspeicher für Wasserstoff, die in vielfältigen Anwendungen wie der hochreinen Wasserstoffspeicherung oder der thermochemischen Wasserstoffkompression eingesetzt werden können. Die jüngsten technologischen Fortschritte des Fraunhofer IFAM belegen, dass Metallhydrid-Komposite verschiedene Vorteile gegenüber konventionellen Metallhydriden bieten, z. B. volle Lade-Entlade-Zykluszeiten von wenigen Minuten.

Metall-Matrix-Verbundwerkstoffe

 

Metall-Matrix-Verbundwerkstoffe (MMC: Metal Matrix Composites) bieten einmalige Eigenschaftskombinationen. Diese Werkstoffgruppe wird für strukturelle und funktionelle Anwendungen immer dann interessant, wenn das Eigenschaftsprofil konventioneller Werkstoffe den Anforderungen nicht mehr gerecht werden kann. Pulvermetallurgische Fertigungsverfahren besitzen aufgrund der Realisierbarkeit unterschiedlichster Werkstoffkombinationen ein hohes Anwendungspotenzial. Neben einer hohen Flexibilität bei der Auswahl von Matrixlegierung und Verstärkungskomponente bestehen nur geringe Begrenzungen in der Größe und Geometrie der Partikel und Kurzfasern.

Metallschäume, zellulare metallische Werkstoffe und Kompositschäume

 

Eine Werkstoffklasse, die neben den Leichtmetallen zur Gewichtsreduktion beiträgt, stellen zellulare metallische Werkstoffe dar, wobei die Masseeinsparung durch den definierten Einbau von Poren erreicht wird. Mit diesem Fokus sind in den letzten Jahren neuartige Leichtbauwerkstoffe entwickelt worden. Neben einer drastischen Masse- und damit Materialeinsparung können durch zellulare metallische Werkstoffe weitere anwendungsspezifische Eigenschaften, die insbesondere durch den Werkstoff und die Zellstruktur bestimmt werden, wie Schallabsorption, Wärmeisolation, Energieabsorption, mechanische Dämpfung, Stoff- und Energietransport oder katalytische Effekte, realisiert werden.

Sinter- und Verbundwerkstoffe

 

Durch das Mischen von Pulvern lassen sich Legierungen, Verbundwerkstoffe, Werkstoffverbunde und Strukturwerkstoffe mit den erforderlichen Eigenschaftsprofilen herstellen. Die Kombination von Eigenschaften ist durch Pulververbunde unter Berücksichtigung der thermodynamischen Randbedingungen oft direkt ableitbar und realisierbar. So lassen sich Eigenschaften wie Härte, Zähigkeit, E-Modul, Verschleiß und Wärmedehnung an die Erfordernisse anpassen. Auch eine Variation der Dichte von durchgängiger Porosität bis hin zu vollständiger Dichte in einem Bauteil ist möglich. Während des Sinterns erhält das Bauteil aus geformtem Pulver dann seine endgültigen Eigenschaften.

Verbundwerkstoffe mittels thermischer Fügeverfahren 

 

Stetig steigende Anforderungen in Bezug auf Funktionalität, Stabilität und Gewicht lassen bei der Bauteilherstellung einen klaren Trend zur Multimaterial- oder Hybridbauweise erkennen. Es gilt den richtigen Werkstoff an der richtigen Stelle einzusetzen. Dabei sind Fügetechnologien der Schlüssel zum Erfolg, denn oft scheitert der Einsatz neuer innovativer Werkstoffe an mangelnden Möglichkeiten zur Herstellung einer zuverlässigen Fügeverbindung zwischen artfremden – aber ebenso auch artgleichen – Werkstoffen. Am Fraunhofer IFAM steht eine breite Palette an Fügeverfahren zur Verfügung, die entsprechend der zu fügenden Werkstoffkombination angewandt werden.

Werkstoffe für die Energieumwandlung und -speicherung

 

Thermoelektrische Generatoren stellen, gerade unter ökologischen und ökonomischen Aspekten, eine vielversprechende Möglichkeit dar, Abwärme von Verbrennungsmotoren direkt in elektrische Energie umzuwandeln. Am Institut werden deshalb Verfahren für die Herstellung und Verarbeitung von modernen thermoelektrischen Werkstoffen entwickelt. Auch Fragen der effizienten Speicherung thermischer Energie durch die Charakterisierung neuer Speichermaterialien und die Entwicklung leistungsfähiger thermischer Speicher ebenso wie die Optimierung von Wärmeübertragungsvorgängen beim Heizen oder Kühlen mit Hilfe kompakter ein- bzw. zweiphasiger Wärmeübertrager werden am Institut behandelt.

Werkstoffe für tribologische Beanspruchung

 

Tribologische Beanspruchungen treten oft in Verbindung mit hohen Temperaturen, chemisch aggressiven Medien oder dynamischen Belastungen auf. Dadurch ergibt sich die Forderung nach verschiedenartigen, meist sogar konträren Werkstoffeigenschaften. Die Pulvermetallurgie bietet durch die Wahl der verschiedensten Legierungen als Matrixwerkstoff, aber auch durch die Möglichkeit des Einbauens von Hart- und/oder Schmierstoffen ein hervorragendes Potential zur Herstellung von maßgeschneiderten Werkstoffen für tribologische Anwendungen.