Bindemittel für Lacke auf Ligninbasis
Ein Schritt in die Unabhängigkeit von fossilen Rohstoffen
Die Unabhängigkeit von fossilen Rohstoffen wird wohl nicht durch die eine große Entdeckung geschehen, sondern sich schrittweise vollziehen. Forschenden des Fraunhofer-Instituts für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM in Bremen ist es gelungen, einen weiteren Schritt in diese Richtung zugehen. Auf Basis von Lignin, das zum Beispiel aus Pflanzenresten gewonnen werden kann, stellen die Wissenschaftler eine Grundierung für Lacke her, die ohne petrochemische Rohstoffe auskommt und dadurch eine deutlich verbesserte CO2-Bilanz aufweist.
Fossile Rohstoffe sind begrenzt. Dennoch ist die Produktion zahlreicher Produkte abhängig von diesen endlichen – oft umweltschädlichen – Ressourcen. Entsprechend groß ist der Wunsch nach Rohstoffen, die nicht nur die petrochemischen Substanzen gleichwertig ersetzen, sondern auch eine bessere Umweltverträglichkeit und CO2-Bilanz aufweisen. Besonders interessant sind dabei Rohstoffe, die nicht in Konkurrenz zur Herstellung von Nahrungsmitteln oder Biobrennstoffen stehen und gleichzeitig in großen Mengen vorhanden sind. Wie beispielsweise Lignin, dem neben der Zellulose am häufigsten vorkommenden Naturstoff. Lignin ist unter anderem ein Nebenprodukt bei der Papierherstellung. Aber auch in Bioraffinerien fallen große Menge davon als Abfallprodukt bei der Herstellung von Bioethanol an. Für die Fraunhofer-Wissenschaftler lag daher der Gedanke nahe, durch die Verarbeitung von Lignin, das nahezu unbegrenzt zur Verfügung steht, nachwächst und umweltfreundlich ist, eine Alternative zu petrochemischen Stoffen zu schaffen.
Bio-Bindemittel für Primer-Formulierung
Bei der Entwicklung von Alternativen zu petrochemischen Substanzen rückte Lignin schon häufig in den Fokus von Wissenschaftlern. Aufgrund seiner herausfordernden Eigenschaften konnte sich der Holzstoff bisher allerdings nicht durchsetzen. So ist die genaue chemische Zusammensetzung der Lignin-Masse zum Beispiel davon abhängig, ob sie aus der Papierproduktion stammt und mit anderen Stoffen versetzt ist oder, ob sie bei der Herstellung von Biokraftstoff angefallen ist. Dementsprechend komplex ist die Produktion eines stets gleich reagierenden Stoffes. »Die meisten bisherigen Ansätze basierten darauf, aus dem Lignin monomere Ausgangsstoffe herzustellen, die stets dieselben Eigenschaften aufweisen. Aufgrund der unterschiedlichen Zusammensetzung der Ausgangsmasse ist dies recht komplex«, erklärt Yvonne Wilke am Fraunhofer IFAM. »Wir haben einen anderen Ansatz gewählt und das Ganze standardisiert und modifiziert. So erhalten wir einen Grundstoff, von dem wir sagen können, dass er sich innerhalb bestimmter Grenzen immer gleich verhält.« Die Experten des Fraunhofer IFAM transformierten das Standardisierte-Gemenge weiter und konnten es so als Rohstoff für Bindemittel für Primer-Formulierungen einsetzen. Das Resultat ist ein Primer, der Schlüsseleigenschaften wie Korrosionsschutz, Haftung oder Applizierbarkeit aufweist, die mit Grundierungen, die auf petrochemischen Rohstoffen basieren, vergleichbar sind.
Grundierung aus Pflanzenresten
Gerade in Zeiten, in denen der Ruf – sowohl bei Herstellern als auch bei Endkunden – nach nachhaltigen Produkten immer lauter wird, sind solche biobasierten Lösungen besonders interessant. Beispielsweise in der Automobil-Industrie ist die CO2-Bilanz ein wichtiges Verkaufsargument. Durch den Einsatz von biobasierten Primern und Lacken kann diese deutlich verbessert werden. Und da die Grundierung auf Ligninbasis des Fraunhofer IFAM mit herkömmlichen Primern vergleichbare Eigenschaften aufweist, müssten auch hinsichtlich der Qualität keine Abstriche hingenommen werden.
»Die Unabhängigkeit von fossilen Rohstoffen ist ein großes Ziel. Vor allem, wenn man die Vielzahl von Produkten bedenkt, die noch auf fossilen Rohstoffen basieren«, sagt Wilke. »Mit unserem Projekt konnten wir ein paar Schritte vorankommen und zeigen, dass Lignin bei der Herstellung von Grundierungen oder Klebstoffen eine echte Alternative ist und uns der Unabhängigkeit von petrochemischen Stoffen näher bringt.«
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