Die hohe gewichtsspezifische Festigkeit und hervorragende Korrosionsbeständigkeit von Titanlegierungen ermöglicht interessante Anwendungen im Bereich der Energietechnik, der Luftfahrt, der chemischen Industrie sowie der Medizintechnik. Die traditionelle Herstellung ist jedoch aufwendig und energieintensiv und somit teuer. Die Entwicklung einer effizienten, innovativen Herstellungsroute insbesondere auch für geometrisch komplexe Bauteile ist deshalb anzustreben. Neue additive Fertigungstechnologien, beispielsweise der 3D-Siebdruck, bieten hierfür ein großes Potenzial. Die Herstellungsroute umfasst neben dem Drucken der Bauteile das anschließende Sintern. Bedingt durch nicht vermeidbares Kornwachstum während der thermischen Behandlung sind Festigkeits- und Duktilitätsverluste zu verzeichnen. Das Sintern von Titanlegierungen unter Wasserstoffatmosphäre ist eine Möglichkeit, durch komplexe Phasenbildungs- und Umwandlungsprozesse während des Sinterns im finalen Bauteil eine Kornfeinung und damit verbesserte mechanische Eigenschaften zu erzielen. Dies ist anwendungsseitig für die Wasserstofftechnologie, z. B. für Bipolarplatten in Brennstoffzellen und Elektrolyseuren wichtig. Die Verarbeitung von Titanpulvern und die Formgebung mittels binderbasierter Verfahren wurde bereits am Fraunhofer IFAM Dresden durchgeführt. Das anschließende Sintern stellt besondere Anforderungen an die Atmosphäre, damit geringe Verunreinigungsgehalte im Bauteil realisiert werden können. Die Wärmebehandlung unter Wasserstoffatmosphäre („Thermohydrogen Processing“) ermöglicht die gezielte Einstellung des Gefüges, insbesondere eine Kornfeinung und somit hohe mechanische Festigkeit, die sonst nur durch aufwendige thermomechanische Behandlungen von Halbzeugen möglich wäre. Die Infrastrukturinvestitionen (Röntgendiffraktometrie und Thermoanalyse unter Wasserstoffatmosphäre) bieten erstmalig die Möglichkeit, die Thermodynamik und Kinetik der Prozesse Hydrierung und Dehydrierung und den Einfluss auf die Phasenbildungsprozesse temperatur- und zeitabhängig in-situ zu analysieren. Das Ziel des Vorhabens besteht somit in der Erarbeitung eines grundlegenden Verständnisses der Phasenbildungsprozesse beim Sintern unter Wasserstoff-Atmosphäre als Voraussetzung für die spätere Herstellung komplex geformter, additiv gefertigter Titanbauteile. Dies ist von grundlegender Bedeutung für die spätere Werkstoff- und Bauteilentwicklung unter Nutzung additiver Verfahren, beispielsweise des Siebdruckverfahrens für Bauteile in Elektrolyseuren und Brennstoffzellen.