Fraunhofer-Projekt »HANNAe« strebt CO2-Reduktion im Straßengüterverkehr an
Nutzfahrzeuge sind weltweit für insgesamt 8% bzw. im Straßenverkehr für knapp 50% der CO2-Emissionen verantwortlich. Studien zeigen in Deutschland ein Reduktionspotenzial von über 40 Mio. t CO2 durch die Elektrifizierung von LKW. Im Rahmen des Projektes »HANNAe« forschen elf Fraunhofer-Institute an der Entwicklung hocheffizienter Antriebssträngen für Nutzfahrzeuge, um durch die Elektrifizierung mittlerer und schwerer Nutzfahrzeuge maßgeblich zur Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs beizutragen. Das Fraunhofer IFAM koordiniert das Projekt und entwickelt aktuell Elektroantriebe für Nutzfahrzeuge unter Einsatz neuer Materialien und innovativer Fertigungsverfahren. Das Hauptziel dabei ist die Senkung der CO2-Emissionen und TCO durch die Wirkungsgradsteigerung der E-Motoren.
Asynchron- und Synchronmotor für Nutzfahrzeuge
In 2020 startete das Fraunhofer-Innovationsprogramm »Hocheffizienter Antriebsstrang für Nutzfahrzeuge unter Berücksichtigung der nationalen Mobilitäts-und Wasserstoffstrategie –HANNAe«. Damit nahm die Fraunhofer-Gesellschaft erstmalig mit der gebündelten FuE-Kraft von elf Instituten die globale Herausforderung der CO2-Reduktion im Lastwagenverkehr an. Die Gruppe »Elektrische Antriebe« am Fraunhofer IFAM entwickelt im Rahmen des HANNAe-Projekts Traktionselektroantriebe für Nutzfahrzeuge (NFZ). Dazu gehören die Entwürfe für eine effizientere, jedoch in der Herstellung kostenintensivere Synchronmaschine als auch eine im Betrieb etwas weniger effizientere, aber in der Herstellung kostengünstigere Asynchronmaschine.
Senkung der CO2-Emissionen und TCO durch Wirkungsgradsteigerung der E-Motoren
Um sowohl die CO2-Emission als auch die Total Cost of Ownership (TCO) der Nutzfahrzeuge zu senken, untersucht das Fraunhofer IFAM vor allem Strategien zur Steigerung des Wirkungsgrads der E-Motoren. Hierzu bündelt das Institut seine materialwissenschaftlichen und fertigungstechnischen Kompetenzen mit seinem System-Know-How zu elektrischen Maschinen und verfolgt Ansätze, welche die in der Wicklung und den Magnetkernen der elektrischen Antriebe entstehenden Verluste gegenüber dem Stand der Technik erheblich reduzieren. Die Auslegung beider E-Maschinenkonzepte wird konsequent auf diese neuen Technologien ausgerichtet und entsprechende Gestaltungs- und Dimensionierungsregeln werden abgeleitet.
Hochwärmeleitfähige Vergussmassen und gedruckte Bleche und Magnete
Zum einen stehen hochwärmeleitfähige Vergussmassen im Fokus, welche die Entwärmung der elektrischen Maschine, insbesondere der Statorwicklung, verbessern und die temperaturabhängigen Stromwärmeverluste senken. Zum anderen können Eisenverluste der elektrischen Maschinen durch additiv hergestellte weichmagnetische Komponenten gesenkt werden, indem dünnere, gedruckte Bleche und Eisenwerkstoffe mit höherem Silizumgehalt zum Einsatz kommen.
Das Potential der auch praktisch zu erprobenden Fertigungsverfahren wird anhand virtueller Antriebssystemdemonstratoren untersucht und gegenüber dem Stand der Technik verglichen. Darüber hinaus werden Gestaltungsregeln im E-Maschinenentwurf und der Konstruktion abgeleitet, welche die fertigungsgerechte Gestaltung für die neuen Materialien und Verfahren erlauben. Die additive Fertigung weiterer Komponenten (z. B. Elektroblechpakete oder Hartmagnete) ermöglicht zudem potenziell innovative Ansätze zur Reduktion der Herstellkosten.
Vollständige Umstellung auf elektrisch angetriebene NFZ bis 2040
Die Hersteller von Nutzfahrzeugen haben verkündet, ihre Produktion bis 2040 vollständig auf die Fertigung elektrisch angetriebener Fahrzeuge umstellen zu wollen. Der Bedarf an Forschung und Entwicklung beschränkt sich dabei nicht nur auf Traktionselektroantriebe. Die Forschungsergebnisse aus HANNAe lassen sich in Teilen auch auf andere elektrische Antriebe, z. B. in Nebenaggregaten für Brennstoffzellensysteme, übertragen – und letztendlich auch auf Anwendungen und Branchen außerhalb der Automobilbranche.
Darüber hinaus wird angesichts der stetigen Fortschritte im Bereich der Speichertechnologien für Elektrofahrzeuge zukünftig auch der Bedarf anwendungsfallspezifisch angepasster Antriebstechnologien erheblich steigen. Während Bauraum, Gewicht und Kosten für den Antriebsstrang aktuell noch stark von Energiespeichern dominiert werden, ist einhergehend mit einer Erhöhung der Energiedichte und der Kostenreduktion von Speichersystemen eine zunehmende Bedeutung der Herstellungskosten und damit auch der Fertigungstechnik elektrischer Antriebe zu erwarten.
Die Elektromobilität ist eine Kernkompetenz des Fraunhofer IFAM. Das Institut bietet ein umfassendes Know-how rund um die Entwicklung elektrischer Antriebe. Diese können mobil in Flug- und Fahrzeugen, aber auch stationär bspw. in Industrieanlagen zum Einsatz kommen. Eine große Stärke des Instituts ist die Verbindung von Fertigungstechnik mit einem umfassenden Anwendungs-Know-how rund um elektrische Antriebe.
Dennis Jahnke leitet die Gruppe »Elektrische Antriebe« und entwickelt mit seinem Team E-Motoren: von der Auslegung und Dimensionierung über den Prototypenbau bis zur anschließenden Leistungsprüfung. Bei der Entwicklungsarbeit stehen ihm außerdem weitere Expertinnen und Experten aus dem Institut mit Arbeitsschwerpunkten in Fertigungsverfahren und Materialien zur Seite.