Mechanische Fügetechnologien und Kleben: Das Beste zweier Welten in hybriden Verbindungen

Kopfzugproben zur Charakterisierung der Klebstoffe.
© Fraunhofer IFAM
Kopfzugproben zur Charakterisierung der Klebstoffe.

Hybride Fügeverbindungen kombinieren unterschiedliche Fügetechnologien und werden in verschiedenen Branchen zunehmend eingesetzt. Die entscheidende Stärke einer hybriden Verbindung ist es, dass Vorteile der elementaren Fügetechnologien genutzt und Nachteile kompensiert werden.

In hybriden Verbindungen führt das Kleben oftmals zur Erhöhung der Verbindungssteifigkeit, der Steigerung der Energieaufnahmefähigkeit und zur Verbesserung der Korrosionsbeständigkeit. Die mechanische Fügemethode bewirkt in hybriden Verbindungen häufig eine sofortige Anfangsfestigkeit, eine Kompensation von Veränderungen der mechanischen Eigenschaften, eine Erhöhung der Schälfestigkeit und die Erweiterung des Einsatztemperaturbereichs.

Das Kleben lässt sich vorteilhaft, je nach Anwendung und Branche, mit verschiedenen mechanischen Fügeverfahren kombinieren. Das Fraunhofer IFAM entwickelt derartige Lösungen für verschiedene Branchen, zum Beispiel für das Transportwesen, weiße Ware oder das Bauwesen.

 

Kleben in Kombination mit der vorgespannten Schraubverbindung

Das Kleben hat eine stark steigende Relevanz als Fügetechnologie für tragfähige Verbindungen im Stahlbau. Klassische Verbindungen sind in der Regel geschraubt oder geschweißt. Vorgespannte Schraubverbindungen besitzen den Vorteil einer erhöhten Ermüdungsfestigkeit. Die Vorspannung bewirkt durch Haftreibung der Substrate eine höhere Tragfähigkeit, die jedoch durch den möglichen Haftreibwert beschränkt ist.

Hybride Verbindungen aus vorgespannter Schraubverbindung und Kleben heben diese Beschränkung auf und lassen die Tragfähigkeit weiter erhöhen. Das Fraunhofer IFAM hat im Projekt »Vorgespannte Hybridverbindungen« gemeinsam mit dem Fraunhofer IGP untersucht, wie durch den gemeinsamen Einsatz von Klebung und vorgespannter Schraubverbindung ein Mehrwert für den Stahlbau entstehen kann.

 

Direkte Vorteile – auch für klein- und mittelständische Unternehmen

Die Arbeiten des Fraunhofer IFAM ermöglichen die Erarbeitung von Normen und Standards für den Stahl- und Schienenfahrzeugbau. Mit der Nutzbarmachung der Ergebnisse für die Verfahrenskombination vorgespannte Schraubverbindung mit Kleben als Hybridverbindung für branchentypische Bauteiloberflächen, Bauteilwerkstoffe und Blechstärken ist außerdem eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit für klein- und mittelständische Unternehmen (KMU) gegeben. Insbesondere für das Bauwesen, wo in der Regel KMU wie Stahlbau- und Montagefirmen sowie Ingenieurbüros tätig sind, aber auch in Bezug auf die Zulieferindustrie des Schienenfahrzeugbaus, besteht hier großes Innovationspotenzial.

Die durchgeführten Untersuchungen haben ergeben, dass der Nachweis der höheren Tragfestigkeit sowie der geringeren Verformungen der hybriden Verbindung erbracht wurde. Das Fraunhofer IFAM hat gezeigt, dass die Anschlüsse durch einen probabilistischen Nachweis bemessen werden können.

 

Hybridfügen von Blechen: Herstellung, Prüfung und Simulation

Mechanisches Fügen oder Schweißen in Kombination mit Kleben wird zum Hybridfügen dünnwandiger Blechbauteile unter anderem in der Fahrzeugindustrie und der weißen Ware sehr häufig eingesetzt. Zum Fügen der Karosserien vieler deutscher Fahrzeughersteller kommen das Schweißkleben, Nietkleben oder Clinchkleben zum Einsatz. Im Bereich der PKW-Türen ist das Falzkleben sehr gängig. Trotz des hohen Potentials dieser hybriden Fügeverfahren und der häufigen industriellen Anwendung treten in Fertigung und Endeigenschaften weiterhin viele technologische Probleme auf.

Das Fraunhofer IFAM konnte zeigen, dass Probleme wie Klebstoffaustritt, mangelnde Festigkeit und Korrosionsprobleme oftmals aus der Wechselwirkung zwischen flüssigem Klebstoff und sekundärem Fügeverfahren während des Fügeprozesses resultieren. Unsere Expertinnen und Experten haben aufgezeigt, dass Verarbeitungseigenschaften des Klebstoffs und Parameter der sekundären Prozesse bereits in der Phase der Entwicklung spezifisch aufeinander abzustimmen sind und in der Produktion überprüft werden müssen.

Insbesondere sollte das Fließverhalten der Klebstoffe durch Kenntnis der Rheologie von Klebstoffen im Vorfeld justiert und in der Produktion kontrolliert werden. Um das Fließverhalten der Klebstoffe beim Hybridfügen bereits in einer frühen Phase der Produktentwicklung vorauszusagen, hat das Fraunhofer IFAM verschiedene Simulations- und Messmethoden erarbeitet. Hierunter fällt die Squeezeflow-Messung, die den Widerstand des pastösen Klebstoffs gegen ein Verpressen quantifiziert.