Guten Morgen, Herr Professor Mayer!
Man kann mit Fug und Recht sagen, dass die letzten Jahre herausfordernd waren – gesellschaftlich, wirtschaftlich und für jede*n Einzelne*n.
Nachdem die Corona-Pandemie uns auf vielen Ebenen herausgefordert hat, aber sicher auch Firmen und Abläufe digitaler gemacht hat, sind die Themen Klimaschutz und Ressourcenschonung nun wieder in den Fokus gerückt. Angesichts des Anstiegs der extremen Wetterphänomene, der abnehmenden Artenvielfalt und der Verknappung vieler Ressourcen wird deutlich, dass Maßnahmen ergriffen werden müssen, um unseren Planeten zu schützen und auch kommenden Generationen eine Zukunft auf der Erde zu ermöglichen.
Das Fraunhofer IFAM hat es sich zur Aufgabe gemacht, im Rahmen von Forschungsprojekten gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft Lösungen für gesellschaftliche, ökologische und ökomische Herausforderungen zu finden. In diesem Kontext sind wir stolz auf zahlreiche aktuelle Forschungsergebnisse, beispielsweise zum Leichtbau, in der Gießereitechnik und bei umweltverträglichen Oberflächenbehandlungsprozessen wie etwa der PFAS-Alternative Plaslon. Das sind nur einige Leuchtturmresultate. Darüber hinaus hat sich auch in unserem Institut eine Menge getan, unter anderem durch die Bildung eines Energie- und Umwelt-Teams, das sich das Thema “klimafreundliches Fraunhofer IFAM“ auf die Fahnen geschrieben hat und nun schrittweise ein Energiemanagementsystem aufbaut. Wir möchten gerne mehr zu den Nachhaltigkeits-Instrumenten am Fraunhofer IFAM von Ihnen erfahren.
Welche Maßnahmen hat das Institut bisher ergriffen, um den Klimaschutz und die Nachhaltigkeit zu fördern?
Eine wichtige Maßnahme war sicher der Aufbau eines bereichsübergreifenden und interdisziplinären Energie- und Umwelt-Teams. Die Kolleg*innen sind hier tatsächlich sehr engagiert unterwegs. Innerhalb der Fraunhofer-Gesellschaft sind wir an dieser Stelle eines der Pilotinstitute, die das Thema so strukturiert angehen.
Aktuell sind wir dabei, eine breit aufgesetzte Messinfrastruktur für Strom, Wärme und Kälte zu implementieren. Folgendes wurde darüber hinaus bereits umgesetzt:
- Bereitstellung eines Klapprads für kürzere Dienstgänge und Erweiterung der Fahrradständer für die Mitarbeitenden als Anreiz, mit dem Fahrrad zur Arbeit zu kommen
- Breiter Einsatz von LED-Leuchten in den Gebäuden
- Automatische Zeitbegrenzung des Lichts in Büros und Laboren
- Automatische Regelung von Jalousien im Sommer
- Reduktion der Laborlüftung in der Nacht und an Wochenenden
Gibt es schon konkrete Resultate der Maßnahmen, von denen Sie berichten können?
Insgesamt konnten wir am Standort Bremen im Jahr 2023 gegenüber dem Jahr 2021 den Stromverbrauch um 16% und den Verbrauch der Fernwärme um rund 14% reduzieren.
Wie hat das Institut seine Mitarbeitenden sensibilisiert und mobilisiert, um klimafreundlichere und nachhaltigere Praktiken zu implementieren?
Auf Betriebsversammlungen wird beispielsweise über das Thema berichtet. Wir erarbeiten zudem ein neues Konzept für das Foyer des Hauptgebäudes, in dem auch für Besucher*innen visualisiert wird, welche Einsparungen wir mit welchen Maßnahmen erreichen. Damit adressieren wir sowohl externe Zielgruppen als auch unsere eigenen Mitarbeitenden.
Aktuell werden die Kolleg*innen anlassbezogen per E-Mail oder im Intranet über Veränderungen sowie das Erreichte informiert und zum Mitmachen motiviert – denn vieles hat natürlich mit dem Einsatz jeder und jedes Einzelnen zu tun.
Aktuell bereiten wir den Relaunch unseres Intranets vor. In diesem Rahmen wird der Bereich Klimaschutz und Nachhaltigkeit einen eigenen Bereich haben. Die Themen Umwelt- und Ressourcenschonung am Fraunhofer IFAM werden somit für alle Mitarbeitenden kontinuierlich präsenter.
Welche Pläne hat das Institut für die Zukunft, um die Ressourcenschonung und die Nachhaltigkeit weiter voranzutreiben?
Es sind bereits mehrere zusätzliche Maßnahmen geplant, bei denen wir den Fokus insbesondere auf kurze Amortisationszeiten gelegt haben. Über diese können wir im Detail gerne in der Ausgabe des Magazins im nächsten Jahr berichten. Um nur einige zu nennen:
Zugangskarten zur Fahrradparkgarage am Hauptbahnhof Bremen für Dienstreisen, E-Bike Ladestationen, E-Bike Schnuppertage für bisher autofahrende Kolleg*innen sowie eine Reparatur- und Aufpumpstation.
Giftige PFAS (Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) gefährden unsere Gewässer und sollen europaweit verboten werden. Viele Industrieunternehmen stellt dieses Verbot vor gewaltige Probleme; mehrere Fraunhofer-Institute sind aktiv, um Alternativen zu den so genannten Ewigkeitschemikalien zu finden. Welche Forschungs- oder Entwicklungsprojekte hat das Institut in diesem Bereich durchgeführt?
Wir haben uns einerseits mit der Substitutionsforschung von PFAS beschäftigt. Konkret ging es hier um einen Ersatz von PTFE-Beschichtungen, die bisher in Pfannen und Kochgeschirr eingesetzt werden. Uns ist es gelungen mit Plaslon sehr gute, komplett fluorfreie Anti-Haft-Beschichtungen zu entwickeln, die die herkömmlichen PTFE-Beschichtungen in Härte und Haftfestigkeit deutlich übertreffen.
Andererseits konnten wir auf Basis einer Bestrahlungstechnik, die sehr kurzwelliges Licht unter 200 nm Wellenlänge einsetzt, die ebenfalls HSE-bedenkliche Gasphasenfluorierung ersetzen. So lassen sich Silikonelastomere behandeln, die dadurch nicht mehr staub- und schmutzanfällig sind.
Welche Herausforderungen sieht das Institut bei der Umstellung von PFAS auf alternative Materialien oder Technologien?
Gerade bei hohen Einsatztemperaturen und -drücken lassen sich PFAS oftmals nicht ohne weiteres ersetzen. Hier gilt es, entweder Alternativ-Prozesse zu entwickeln, die diese Bedingungen vermeiden oder PFAS so einzusetzen, dass sie nicht unkontrolliert in die Umwelt gelangen können.