Simulationsumgebung für den Übergang zu E-Fahrzeugen

Lademanagement für Elektro-Fahrzeugflotten – solver-basiert, individuell und kosteneffizient

Die Elektrifizierung von Fahrzeugflotten ist ein wichtiger Schritt in Richtung Nachhaltigkeit für kleine und mittlere Unternehmen und Betriebe. Immobilienentwickler, Spediteure oder Flottenmanager, die den Übergang zu elektrischen Fahrzeugen planen oder bereits vollzogen haben, können durch ein intelligentes Lademanagement ihre Flotte effizienter und wirtschaftlicher gestalten. Allerdings besteht oft Unsicherheit darüber, ob die aktuellen Mobilitätsanforderungen bei der Umstellung auf Elektrofahrzeuge und dem Laden der Flotte auf dem Betriebsgelände unter Berücksichtigung der begrenzten Netzkapazität erfüllt werden können.

Die Expertinnen und Experten des Bereichs »Forschungsdaten« am Fraunhofer IFAM nutzen eine eigens entwickelte Simulationsumgebung, um für individuelle Szenarien der oben aufgeführten Anwender die kosteneffizientesten Lösungen für den Betrieb von Elektroflotten am Standort zu ermitteln.

 

Die Netzanschlusskapazität als Begrenzung der (Nach-)ladeleistung

Der Aufbau einer Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge kann signifikante technische als auch ökonomische Auswirkungen auf das Energiesystem eines Gebäudes haben. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, individuelle Faktoren wie das Stromlastprofil des bestehenden Gebäudes neben vielen anderen Aspekten zu analysieren und die bestehenden Mobilitätsanforderungen, wie beispielsweise die Tourenplanung, mit der zukünftigen Nutzung der Ladestationen in Einklang zu bringen. Ein wichtiger Faktor ist zudem die Kapazität des Netzanschlusses. Diese bestimmt, wie viele Fahrzeuge gleichzeitig geladen werden können und mit welcher Geschwindigkeit der Ladevorgang stattfindet.

Eine unzureichende Netzanschlussleistung kann zu einer Erhöhung des Leistungspreises führen. Dies liegt daran, dass die Stromversorgung möglicherweise nicht in der Lage ist, die Nachfrage zu decken, insbesondere während der Spitzenlastzeiten. Um die Mobilität zu gewährleisten, kann in solchen Fällen eine Netzanschlusserweiterung beantragt werden. Allerdings sind damit in der Regel erhebliche Kosten und Wartezeiten verbunden, da der Bau neuer Infrastrukturen erforderlich ist.

Eine mögliche Alternative ist die Investition in Photovoltaik (PV) und elektrochemische Pufferspeicher (Batterie). Die Nutzung überschüssigen Stroms, der in Zeiten geringer Nachfrage produziert wird, eröffnet die Möglichkeit einer effizienten Verwendung in Situationen, in denen ein hoher Bedarf an Ladeleistung gegeben ist, beispielsweise in der Nacht. Dies kann dazu beitragen, die Abhängigkeit vom Stromnetz zu verringern und die Energiekosten zu senken.
Bevor man in solche Systeme investiert, ist es wichtig, die Kosten und den Nutzen sorgfältig abzuwägen. Dabei sollten standortspezifische Parameter wie die ökonomisch optimale Größe des Speichers oder der PV-Anlage sowie die Ausrichtung der Module berücksichtigt werden.

Die komplexen Fragestellungen dieser techno-ökonomischen Potenzialanalyse erfordern den Einsatz von lösungsorientierter Simulationssoftware, die auf die spezifischen Bedürfnisse und Gegebenheiten des Unternehmens zugeschnitten sind.

 

Solver-basiertes Optimierungstool kann auch große Fahrzeugflotten und komplexe Energiesysteme simulieren

Solver-basierte Systeme nutzen Algorithmen, um die optimale Lade- und Einsatzstrategie für E-Fahrzeugflotten zu bestimmen. Dabei werden Faktoren wie Ladeinfrastruktur, Fahrzeugverfügbarkeit, Routenplanung und Energiekosten berücksichtigt. Das Ziel besteht darin, die Batterieladung so zu planen, dass sie für die geplante Mobilität ausreicht und gleichzeitig die Betriebskosten minimiert werden. Solver-basierte Optimierungen sind in der Lage, deutlich komplexere Modelle zu lösen als dies bei klassischen regelbasierten Methoden der Fall ist. Dadurch können auch große Fahrzeugflotten und komplexe Energiesysteme simuliert werden.

Der Ladebedarf ist von diversen Faktoren abhängig, darunter den Mobilitätsanforderungen, dem lokalen Energiesystem sowie den individuellen Lastgängen der Verbraucher. Mithilfe von Vorhersagemodellen lassen sich diese Faktoren aus Erfahrungen der Vergangenheit ableiten. Dadurch ist es möglich, den standortindividuellen Ladebedarf zu simulieren und eine Handlungsempfehlung für das zukünftige Lademanagement zu ermitteln.

 

Datenerzeugung und -analyse am Fraunhofer IFAM

Innerhalb des Bereichs »Forschungsdaten«, der von Dr.-Ing. Stefan Lösch geleitet wird, ist die Arbeitsgruppe »Datenerzeugung und -analyse« angesiedelt. Im Rahmen eines interdisziplinären Teams aus wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fachbereiche Elektrotechnik, Physik, Data Science sowie (Wirtschafts-)Ingenieurwesen erfolgt hier die techno-ökonomische Potenzialanalyse zur Integration von E-Fahrzeugen (Pkw, Lkw) in Energienetze bzw. -systeme und ökonomisch optimalen Dimensionierung von Gebäudeenergiesystemen.

Wir berechnen die Wirtschaftlichkeit von Photovoltaik, Speichern und E-Mobilität für den elektrischen Energie- und Leistungsbedarf mithilfe unserer eigenen Simulationsumgebung. Unsere Berechnungen sind hersteller- und technologieunabhängig und basieren auf wissenschaftlich fundierten Analysen und umfangreicher Expertise. Zudem forschen wir an Deep Learning Algorithmen zur Anwendung in diesem Gebiet.

Die aus der Simulation gewonnenen Lastprofile können im kleinen Maßstab im hauseigenen Labor umgesetzt und mittels Hardware getestet werden. Das System bietet die Möglichkeit, Lastprofile über Quellen und Senken abzufahren. Ein integrierter PV-Generator vervollständigt das System. Weitere Themen wie bidirektionales Laden wurden bereits im Rahmen von Projektarbeiten unter Realbedingungen physisch erforscht. In diesem Zusammenhang konnten Daten in Form von Ladeprofilen von Elektrofahrzeugen in Feldversuchen generiert und über die Schnittstelle Ladesäule ausgewertet werden.