Leitfähige Komposite zur Meerwasserentsalzung
Meerwasser gibt es in rauen Mengen, Trinkwasser dagegen ist knapp. Entsalzungsanlagen können Meerwasser umwandeln, in diesen Anlagen sind jedoch Rohre aus Spezialstahl oder Titan verbaut. Thermisch leitfähige Kunststoffkomposite können alternativ für Wärmetauscher in Meerwasserentsalzungsanlagen eingesetzt werden, um teure und schwer beschaffbare Titanlegierungen zu ersetzen.
Trinkwasser ist ein knappes Gut – das gilt mittlerweile nicht mehr allein für Wüstenregionen. Auch in Mittelmeerländern wie Spanien und Portugal ist Süßwasser in den heißen Sommermonaten rar. Anlagen, die das Meerwasser entsalzen und so in Trinkwasser umwandeln, sind daher stark im Kommen.
Das Prinzip der Entsalzung: Meerwasser wird auf Rohre gesprüht, durch die heißes Gas oder Wasser strömt und die so erhitzt werden. Reines Wasser verdampft aus dem Meerwasser, zurück bleibt salzige Ablauge. Dieses Verfahren stellt vielfältige Ansprüche an das Material und dessen Eigenschaften: Das Rohrmaterial soll möglichst gut Wärme übertragen und besonders robust sein gegen Korrosion und Belagsbildung – und das über einen langen Zeitraum. Für eine optimale Verdampfung muss sich das Rohrmaterial zudem gut durch das Meerwasser benetzen lassen. Die Hersteller verwenden daher Titan und hochlegierte Stähle, die sind jedoch sehr teuer und nur beschränkt verfügbar, da im Zuge des Leichtbaus (z.B. in der Luftfahrtindustrie) die Nachfrage nach Titan stetig steigt.
Rohre aus Polymerkompositen als Alternative zu Titanrohren
Das Fraunhofer IFAM hat für diese Anwendung eine Alternative zu Titanrohren entwickelt: Rohre aus Polymerkompositen. Dabei wurden bis zu 50 Volumenprozent Kupfermikrofasern in das Material eingearbeitet. Die Verarbeitungseigenschaften des Komposits ändern sich dadurch nicht, es lässt sich weiterhin wie ein Polymer verarbeiten. Die Besonderheit dabei ist, dass diese Polymerkomposite Kunststoffeigenschaften aufweisen, aber gleichzeitig gut Wärme übertragen können. Ein weiterer Vorteil: Sie lassen sich über Extrusion als Endlosware herstellen und sind entsprechend kostengünstiger als die Metallrohre.
In einer Pilot-Meerwasserentsalzungsanlage kann sowohl die Wärmeleitfähigkeit getestet als auch überprüft werden, wie viel Belag sich durch Mikroorganismen auf den Rohren bildet und wie stark das Material in der salzigen Umgebung korrodiert. Anhand dieser Ergebnisse können am Fraunhofer IFAM die Kompositeigenschaften und die Wärmeleitfähigkeit optimiert werden. Andererseits haben die Forscherinnen und Forscher den Verdampfungsprozess so eingestellt, dass er bei einer Temperatur von nur 70 Grad Celsius abläuft – durch die Rohre strömt also 70 Grad heißes Gas. Das bietet einige Vorteile: Es bildet sich weniger Belag auf den Rohren, das Material korrodiert nicht so schnell und der Druckunterschied zwischen Innen- und Außenseite des Rohres wird nicht so groß.
Thermisch leitfähiges Polymerkomposit vielseitig einsetzbar
Das Einsatzgebiet für das Material ist nicht auf Wärmetauscher für die Meerwasserentsalzung beschränkt, sondern es ist auch in verfahrenstechnischen Anlagen der Lebensmittel- und Pharmaindustrie einsetzbar.
Formgebung und Funktionalisierung sind Kernkompetenzen des Fraunhofer IFAM. In der Arbeitsgruppe »Functional Composites« entwickelt Arne Haberkorn thermisch leitfähige Komposite für Meerwasserentsalzungsanlagen. In der Abteilung »Advanced Printing Technologies« verfügt die Gruppe über umfassendes Know-how und neueste Technologien der leitfähigen Komposite. Die Anwendungsfelder reichen von der Umwelttechnik über die Lebensmittel- bis hin zur Pharmaindustrie.
Die Entwicklung polymerbasierter Wärmeübertrager für den Einsatz in Meerwasserentsalzungsanlagen wurde gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (IGF-Vorhaben 16959 N).