Entwicklung von Metall-Luft-Batterien und Gasdiffusionselektroden

Wiederaufladbare Metall-Luft-Batterien als kostengünstige Alternative zu Lithium-Ionen-Batterien

© Fraunhofer IFAM
Vario-Testzelle des Fraunhofer IFAM für Metall-Luft-Batterien.
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Metall-Luft-Stack.
Glastestzellen für Metall/Sauerstoff-Systeme.
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Glastestzellen für Metall/Sauerstoff-Systeme.

Metall-Luft-Batterien haben eine hohe Energiedichte und stellen eine potentielle kostengünstige Energiespeichertechnologie dar. Als Primärbatterien sind sie bereits kommerziell verfügbar. Die Wiederaufladbarkeit stellt jedoch eine große Herausforderung dar und ist derzeit Gegenstand der Forschung. Das Fraunhofer IFAM entwickelt wiederaufladbare Metall-Luft-Batterien. Dabei steht die Entwicklung von Gasdiffusionselektroden (GDE) mit neuen (Kohlenstoff-)Trägermaterialien und Katalysatoren sowie neuartigen Designs mit angepassten Porositäts- und Benetzungseigenschaften im Fokus.

 

Am Fraunhofer IFAM werden verschiedene Fertigungstechnologien für Metall-Luft-Batterien eingesetzt, wie z.B. Rakel- oder Walzenbeschichtung poröser Substrate, in-situ Herstellung mesoporöser Kohlenstoffe, Spray Coating oder Drucken. Die Anforderungen an die Zellauslegung sind zudem vielschichtig, da es sich um „offene“ Systeme handelt, in denen gasförmiger Sauerstoff die aktive Komponente ist. Das Fraunhofer IFAM entwickelt spezielle und auch hybride Metall-Luft-Zellkonstruktionen. Das Verständnis der Wechselwirkung von Elektrolyt und Gasdiffusionselektrode bildet einen weiteren wichtigen Schwerpunkt unserer Arbeit mit entsprechender (in-situ) Spezialanalytik.

 

Alternative und hochenergetische Energiespeicher

Für zukünftige elektromobile, stationäre und weitere industrierelevante Anwendungen braucht es neue Batteriematerialien und Technologien, die echte Alternativen gegenüber der etablierten Lithium-Ionen-Batterie hinsichtlich der Nachhaltigkeit und Ressourcenunabhängigkeit darstellt. Metall-Luft-Batterien sind seit Jahrzehnten Bestandteil der Energiespeicherforschung und am Fraunhofer IFAM bereits seit 2009 in der Entwicklung.

Branchenübergreifend ist die Metall-Luft-Technologie v.a. als wiederaufladbare Variante derzeit besonders interessant. Neben dem potentiell kostengünstigen Zink-Luft-System hat in den vergangenen Jahren das theoretisch hochenergetische Lithium-Luft-System große Aufmerksamkeit erfahren, ursprünglich getrieben von dem Wunsch der Automobilindustrie eine neue Generation an Hochenergiespeichern für die Elektromobilität zu entwickeln. Ebenso rücken weitere Metall-Luft-Alternativen wie Calcium-Luft oder Natrium-Luft Batterien in den Fokus von Forschungsarbeiten.

 

Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Metall-Luft-Varianten

Es gibt eine Vielzahl an Metall-Luft-Batterievarianten. Der klassische Aufbau einer Metall-Luft Batterie besteht aus einer Metallanode, einem Elektrolyten (fest, wässrig, organisch) und einer Gasdiffusionselektrode (GDE), die die Zufuhr der aktiven Sauerstoff-Komponente ermöglicht. Repräsentativ für wässrige, alkalische und organisch, aprotische Systeme werden oft das Zink-Sauerstoff- (Zn/O2) und das Lithium-Sauerstoff-System (Li/O2) genannt. Neuere Systeme wie das Ca-Sauerstoff-System (Ca/O2) bedingen eines hybriden Aufbaus, da Kathoden- und anodenseitiger Elektrolyt für einen potentiellen stabilen Betrieb unterschiedlich ausgelegt werden müssen. Hierbei werden Anodenraum und Kathodenraum durch eine Ionenleitende Membran (oder Festkörperelektrolyt) voneinander getrennt, welches zusätzliche Entwicklung hinsichtlich Komponenten und Zelldesign erfordert.

Allen gemeinsam ist die Notwendigkeit einer Gasdiffusionselektrode, die die aktive Komponente Sauerstoff in die Zelle einbringt. Mechanistisch betrachtet besteht ein großer Unterschied darin, dass mit wässrig-alkalischen Elektrolyten die Entladeprodukte gelöst bzw. anodenseitig gebildet werden und im aprotischen Elektrolyten feste Entladeprodukte enstehen, die sich an der GDE abscheiden. Bei der Ladereaktion erfolgt die Umsetzung zu den Metall-Ionen und O2 daher entweder elektrokatalytisch oder homogenkatalytisch. Hierfür bedarf es unterschiedlicher heterogener oder homogener Katalysatoren oder Redox-Mediatoren, um eine effiziente Wiederaufladbarkeit zu erzielen. 

 

Herausforderungen von Metall-Luft-Batterien

Die bekannten systemseitigen Herausforderungen der wiederaufladbaren Metall/Luft-Batterien sind:

  • dendritenfreie Wiederabscheidung der Metallionen bzw. zyklenstabile Anode
  • effiziente bifunktionale GDE (Katalysatoren, heterogene oder homogene) für die Sauerstoff-Reduktions- und -Evolutionsreaktion (ORR/OER) beim Entladen bzw. Laden
  • Elektrolyt-Stabilität ggü. reaktiver Sauerstoff-Spezies oder parasitärem CO2 aus der Luft
  • Zyklisierbarkeit
  • Strombelastbarkeit und Ratenfähigkeit
  • offener Betrieb der Zelle.

Die Leistungsfähigkeit von Metall-Luft-Batterien hängt grundsätzlich stark von der ORR und OER ab. Trotz deutlich unterscheidbarer Mechanismen im alkalischen und aprotischen System bleibt die Gemeinsamkeit der Notwendigkeit von Katalysatoren, um Strombelastbarkeit darzustellen und die ORR und OER effizienter zu gestalten. Hier setzt das Fraunhofer IFAM an: spezielle GDE-Designs und Zellkonstruktionen werden hier entwickelt.

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Rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen von GDE nach Entladung in aprotischer Li/O2 Zelle: unterschiedliche Entladeproduktmorphologien und 2,5x höhere Entladekapazität mit am IFAM entwickelter Xerogel-GDE.
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Schematische Darstellung zur Unterscheidung der Reaktionszonen an der GDE, Alkalischer Elektrolyt: 3-Phasen Grenze bzw. Aprotischer Elektrolyt: 2-Phasen-Grenze.

Herstellung von Gasdiffusionselektroden

Ein Standardmaterial, das für Gasdiffusionselektroden in der Aktivschicht verwendet wird, ist Kohlenstoffpulver. Das Kohlenstoffmaterial wird über eine Beschichtungstechnik (Rakel, Walzen, Sprühen, Drucken) auf das Gasverteiler-/Ableitersubstrat (GDL: z.B: Kohlenstoffpaper, Kohlenstoffvlies/Textil, Metallnetz) aufgetragen. Dazu wird es mit einem Binder vermischt, wie bspw. Teflon (PTFE) oder Polvinylidenfluorid (PVdF). Es werden mithilfe von organischen Lösungsmitteln (bspw. Isopropanol oder NMP) Teige, Pasten oder Tinten hergestellt. Das Herstellverfahren und die Porosität der Kohlenstoffpulver und die Kompaktheit der Beschichtung definieren die Porosität der Gasdiffusionselektrode in der Aktivschicht.

 

Anforderungen an funktionale Gasdiffusionselektroden

Für das Design der porösen GDE muss die Porenstruktur den Sauerstoff- und Ionen-Transport zur Elektrodenfläche langfristig gewährleisten. Parasitäre Intermediate oder Spezies reagieren mit dem Kohlenstoff und/oder Fluorierten Binder, aus dem die GDE hergestellt werden. Entsprechend muss für die Realisierung einer zyklenstabilen Metall/Luft-Batterie die GDE aus chemisch modifiziertem oder inertem und porösem Material bestehen. Korrosions-resistente, dotierte Kohlenstoffmaterialien oder Titancarbid-basierte Materialien (TiC) als alternatives Ausgangsmaterial sind dabei Gegenstand aktueller Forschung am Fraunhofer IFAM zur Verbesserung der elektrochemischen Stabilität.

Ein vielversprechender Ansatz ist ein gradiertes Porengefüge in der GDE aus einem zweckmäßigen Verhältnis von Meso- und Makroporen. Makroporen ermöglichen eine gute Sauerstoffversorgung und Mesoporen bieten eine größere Reaktionsfläche und somit eine größere Leistungsdichte. Da ein dauerhafter und zuverlässiger Sauerstofftransport für die Reaktion wesentlich ist, ist ebenfalls die Benetzung der Poren entscheidend, um eine gute Diffusion zu gewährleisten. Hierbei sollte die Porenoberfläche komplett benetzt bleiben, während durch Gaskanäle in den Makroporen ein schneller Sauerstofftransport erfolgen kann.

 

Zelltests und Performance von Metall-Luft-Batterien

Als größte Herausforderung für einen stabilen Zellbetrieb erweist sich die Eindämmung unerwünschter Nebenreaktionen. Diese führen derzeit noch zu deutlich geringeren  praktischen Energiedichten sowie zu äußerst geringen Zyklenstabilitäten. Die Kombination aus GDE und selektiver Membran kann hier einen Betrieb an Luft gewährleisten. Die optimale Benetzung der GDE, die Veränderung des Porengefüges und die Stabilität der Metallanode gegenüber dem Elektrolyten sind hierbei neben der Stabilität des Elektrolyten selbst wichtige Einflussfaktoren.

Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erarbeiten neue Material- und Elektrodendesigns und verfügen über einen speziellen Metall-Luft-Teststand, um diese unter vielfältigen Bedingungen zu testen. Auch die in situ-Analytik kommt hier bei Bedarf zum Einsatz. Darüber hinaus beschäftigen wir uns mit der Konzeptionierung von Metall-Luft-Zellstacks.

 

In der Abteilung Elektrische Energiespeicher sind verschiedene Forschungsprojekte zum Thema Metall-Luft gefördert:

  • BMBF-Projekte
    • Akuzil (Entwicklung von Materialien und Komponenten für Zink-Luft Sekundärelemente)
    • AMaLiS (Alternative Materialien und Komponenten für aprotische Lithium-Sauerstoff-Batterien: ionische Flüssigkeiten und Titancarbid-basierte Gasdiffusionselektroden in Kombination mit geschützter Lithium-Anode)
    • Melubatt (Frischer Wind für Metall-Luftsauerstoff-Batterien – Was man von Lithium-Ionen-Batterien lernen kann)
  • EU-Projekt: ZABAT (ZABAT – Next generation rechargeable and sustainable Zinc-Air batteries

 

Veröffentlichungen

D. Fenske, I. Bardenhagen, J. Schwenzel; Die Rolle der Gasdiffusionselektroden in der Zink-Luft- und Lithium-Luft-Batterie. Chem. Ing. Tech.91, 707-719 (2019)

M. Augustin, D. Fenske, J. Parisi, Study on Electrolyte Stability and Oxygen Reduction Reaction Mechanisms in the Presence of Manganese Oxide Catalysts for Aprotic Lithium–Oxygen Batteries, Energy Technol.4, 1 – 13 (2016)

H. Bülter, P. Schwager, D. Fenske, G. Wittstock; Observation of Dynamic Interfacial Layers in Li-Ion and Li-O2 Batteries by Scanning Electrochemical Microscopy. Electrochim. Acta, 199, 366-379 (2016)

P. Schwager, S. Dongmo, D. Fenske, G. Wittstock; Reactive oxygen species formed in organic lithium-oxygen batteries. Phys. Chem. Chem. Phys.18, 10774-10780 (2016)

P. Schwager, D. Fenske, G. Wittstock; Scanning electrochemical microscopy of oxygen permeation through air-cathodes in lithium-air batteries, J. Electroanal. Chem.740, 82-87 (2015)

I. Bardenhagen, O. Yezerska, M. Augustin, D. Fenske, A. Wittstock, M. Bäumer, In situ investigation of pore clogging during discharge of a Li/O2 battery by electrochemical impedance spectroscopy. J. Power Sources278, 255-264 (2015)

M. Augustin, D. Fenske, I. Bardenhagen, A. Westphal, M. Knipper, T. Plaggenborg, J. Kolny-Olesiak, J. Parisi, Manganese oxide phases and morphologies: A study on calcination temperature and atmosphere dependence. Beilstein J. Nanotechn.6, 47-59 (2015)

I. Bardenhagen, M. Fenske, D. Fenske, A. Wittstock, M. Bäumer, Distribution of discharge products inside of the lithium/oxygen battery cathode, J. Power Sources299, 162–169 (2015)

M. Augustin, O. Yezerska, D. Fenske, I. Bardenhagen, A. Westphal, M. Knipper, T. Plaggenborg, J. Kolny-Olesiak, J. Parisi, Mechanistic study on the activity of manganese oxide catalysts for oxygen reduction reaction in an aprotic electrolyte. Electrochim. Acta158, 383-389 (2015)

T. Dabrowski, A. Struck, D. Fenske, P. Maaß, L. Colombi Ciacchi, Optimization of catalytically active sites positioning in porous cathodes of lithium/air batteries filled with different electrolytes, J. Electrochem. Soc.162, 2796-2804 (2015)

I. Bardenhagen, W. Dreher, A. Wittstock, M. Bäumer, Fluid Distribution and Pore Wettability of Monolithic Carbon Xerogels measured by 1H NMR Relaxation, Carbon68, 542-552 (2014)

Weitere Informationen zu den Projekten und Veröffentlichungen geben wir gerne auf Anfrage.