Biobasierte und bioabbaubare Kunststoffe

Nachhaltige Produkte durch den Einsatz neuer Polymere

Unternehmen verspüren den Druck der Konsumenten und der Politik, ihre Produkte und Halbzeuge nachhaltig herzustellen. Der erste Schritt zu einer besseren Ökobilanz besteht oftmals darin, vorhandene Kunststoffe durch neue Polymere, die biobasiert und/oder bioabbaubar sind, zu ersetzen. Das Fraunhofer IFAM unterstützt Unternehmen dabei, durch Marktanalysen, Materialbewertung und Werkstoffentwicklung eine Materiallösung zu finden, die nachhaltig und wirtschaftlich zugleich ist.

 

Das grüne Dickicht: nachwachsend, biobasiert und biologisch abbaubar

Wenn Unternehmen ihre Produkte nachhaltig gestalten möchten, stellt sich die Frage nach passenden Rohstoffen. Biobasierte Kunststoffe sind nicht zwingend „bio“, da sie nicht selten nur teilweise aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen. Dasselbe gilt für die Abbaubarkeit von polymeren Werkstoffen: Nicht alle biobasierten Kunststoffe sind biologisch abbaubar, denn biogene Herkunft und biologische Abbaubarkeit gehen nicht zwangsläufig miteinander einher.

Neben der Rohstoffauswahl muss die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet werden: von der Erzeugung, über die Nutzung bis hin zur Verwertung der Produkte am Lebensende. Die Nutzung kreislauffähiger Werkstoffe, eine recycling-gerechte Gestaltung von Produkten, sowie der Einsatz biologisch abbaubarer Werkstoffe, die von Mikroorganismen in elementare Bestandteile abgebaut werden, können Lösungswege für eine ressourceneffiziente Zukunft darstellen.

 

Neue Kunststoffe mit bekannten, altbewährten Polymersystemen

Die Verbesserung der Ökobilanz eines Produkts durch den Ersatz eines Materials ist allerdings nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick vielleicht erscheinen mag. Um qualitätsvolle Produkte oder Halbzeuge wirtschaftlich herzustellen, haben Unternehmen über Jahre die Auswahl und den Einkauf ihrer Rohstoffe, ihre Produktionsprozesse sowie ihre Logistik optimiert. Vorrangig ökologische, aber auch materialwissenschaftliche, produktionstechnische und marktwirtschaftliche Fragen müssen beantwortet werden.

Die Qualität und Sicherheit eines Endprodukts hängen entscheidend von den Eigenschaften des neuen Materials ab. Deswegen verfolgen die Expertinnen und Experten am Fraunhofer IFAM oftmals den Ansatz, neue Kunststoffe im Rahmen der von Unternehmen bereits genutzten Polymersysteme zu entwickeln. Das bietet die Vorteile, dass bekannte Materialeigenschaften erhalten bleiben können und Verarbeitungsprozesse nicht umgestellt werden müssen. Die Forscherinnen und Forscher überprüfen außerdem die kommerzielle Verfügbarkeit der benötigten Rohstoffe und erarbeiten wirtschaftliche Optionen, die sich positiv auf die Ökobilanz auswirken.

 

Nachwachsende Rohstoffe

Für die Entwicklung neuer Kunststoffe sind nachwachsende Rohstoffe aus ökologischer Perspektive besonders interessant, weil ihre Herstellung, Nutzung und Verwertung oftmals mit Umweltvorteilen verbunden ist. Allerdings ist der Ökobilanz nicht geholfen, wenn die Rohstoffe aus anderen Kontinenten verschifft oder eingeflogen werden müssen. Außerdem muss der Rohstoff zu einem wirtschaftlichen Preis kommerziell zur Verfügung stehen. Die Forscherinnen und Forscher am Fraunhofer IFAM untersuchen dafür den Rohstoffmarkt und finden heraus, welche Rohstoffe für das neu zu entwickelnde Polymer geeignet sind und wie es um die kommerzielle Verfügbarkeit steht – auch in der Region des Herstellers.

Genau dies ist eine der Herausforderungen im internationalen Forschungsprojekt BestBioPLA. Gemeinsam mit Forschungspartnern aus Deutschland und Brasilien entwickelt das Fraunhofer IFAM naturfaserverstärkte Kunststoffe für den Automobilbau. Dabei ist es das Ziel, die Werkstoffe aus regionalen Ressourcen herzustellen und so aufwendige Transportwege zu vermeiden. Hierfür untersuchen die Forscherinnen und Forscher Verarbeitungsmöglichkeiten von in Europa heimischen Flachsfasern, aber auch von Sisalfasern, die aus Brasilianischem Anbau stammen.

 

Von Marktrecherche bis Materialentwicklung und -prüfung

Für kunststoffverarbeitende oder -produzierende Unternehmen, die bestehende Kunststoffe in ihren Produkten oder in ihrem Portfolio ersetzen möchten, entwickeln die Forscherinnen und Forscher biobasierte oder bioabbaubare Alternativen. Dabei betrachten sie die Ökobilanz eines Produkts oder Werkstoffs gesamtheitlich und können zudem eruieren, ob und wie das Produkt nach seiner Nutzung im Sinne einer Kreislaufwirtschaft in die Ursprungsmaterialien zerlegt werden kann.

Das Fraunhofer IFAM unterstützt bei:

  • Der Eingrenzung der Materialauswahl anhand von Materialvorgaben und Bauteilanforderungen
  • Der Recherche von kommerziell verfügbaren Rohstoffen
  • Materialbewertungen für einen konkreten Anwendungsfall – auch mittels digitaler Simulationsverfahren
  • Der Entwicklung von nachhaltigen Werkstoffalternativen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten
  • Einer gesamtheitlichen Ökobilanzierung

Das Fraunhofer IFAM hat ein umfassendes Wissen rundum die Entwicklung und Verarbeitung von polymeren Kunststoffen aufgebaut. Aufgrund ihrer langjährigen Erfahrungen kennen die Forscherinnen und Forscher den Markt sehr gut und verfügen über ein internationales Netzwerk von Rohstofflieferanten und Lohnherstellern.

Polymere Werkstoffe bilden eine Kernkompetenz des Fraunhofer IFAM. Dr. Katharina Koschek leitet am Institut die Abteilung »Polymere Werkstoffe und Bauweisen«. Mit ihrem Team bewertet, entwickelt und prüft sie polymere Kunststoffe für den Leichtbau in unterschiedlichen Anwendungen. Die Branchen, für die das Team Auftragsforschung durchführt, reichen von der Automobil- und Luftfahrtindustrie über den Schiff- und Schienenfahrzeugbau bis hin zu Anlagenbau und Energietechnik.