Nachhaltigkeit – unsere Verantwortung in der Forschung und Entwicklung

© Fraunhofer IFAM
Entwicklung von biogenen Rohstoffkomponenten für naturfaserverstärkte Polymere zum Einsatz eines nachhaltigen Leichtbaus.
Hüftschaftdemonstrator mit hybrider Beschichtung im Schaftbereich.
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Hüft-Demonstrator mit hybrider Beschichtung aus Silber und Antibiotika im Schaftbereich.

Für die Ziele politischer Nachhaltigkeitsagenden – etwa der »Sustainable Development Goals« der UN, der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie oder Initiativen wie dem »European Green Deal« der Europäischen Kommission – entwickeln wir durch das Zusammenwirken verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen vielfältige Lösungen. Zentrale Themen sind Energie, Klimawandel, Ressourcen und Gesundheit. Die Fraunhofer-Gesellschaft greift diese in ihrer Corporate Responsibility auf und konkretisiert sie in definierten Forschungsschwerpunkten. In diesem Kontext leistet das Fraunhofer IFAM im Bereich der Materialwissenschaften wesentliche Beiträge zu einem nachhaltigen technischen und medizinischen Fortschritt.

 

Aus Überzeugung und Verantwortung stellen wir uns bei der Entwicklung neuer Technologien und Produkte über die Funktion hinaus immer auch die Frage nach dem ökologischen Wirken und der Unbedenklichkeit. Welchen Beitrag kann Fertigungstechnik und Materialforschung leisten? Welche Prozesse eignen sich für eine ressourcensparende und zugleich wirtschaftliche Verarbeitung neuer Werkstoffe? Wie können wir die Kreislaufwirtschaft unterstützen? Dass Materialwissenschaften und modernste Fertigungstechnologien einen essenziellen Beitrag leisten können, zeigen aktuelle Forschungsergebnisse am Fraunhofer IFAM zu biologisch abbaubaren oder biobasierten Materialien, naturfaserverstärkten Kunststoffen, sowohl in der Fügetechnik als auch im Leichtbau und in der Medizintechnik.

 

Beständig und bio: Neue biobasierte und biologisch abbaubare Werkstoffe für die Automobilindustrie

Im Automobilbau werden bereits naturfaserverstärkte Kunststoffe eingesetzt, allerdings zumeist mit einer auf Rohöl basierenden Kunststoffmatrix. Dies ermöglicht zwar Leichtbau, gleichzeitig besteht aber noch Optimierungspotenzial hinsichtlich der Ressourcennutzung und der Kreislaufführung. Im deutsch-brasilianischen Projekt »BestBioPLA« werden daher neue Kunststoffe entwickelt, die eine gute mechanische und chemische Beständigkeit während des Produktlebens mit biologischer Abbaubarkeit als Option für das Ende des Produktlebens kombinieren.

 

Fest und flexibel zugleich: Kreislauffähige Polymersysteme für Faserverbunde

Sie sind leicht, steif sowie bruchfest und lassen sich als Leichtbauwerkstoff von der Windenergie bis zur Raumfahrt einsetzen: Faserverbundkunststoffe (FVK). Einmal in Form gebracht, ist – abhängig vom eingesetzten Kunststoff – eine weitere Formgebung und die Rückführung in den Werkstoffkreislauf nicht mehr möglich. Im Projekt »DuroCycleFVK« entwickeln Forscherinnen und Forscher am Fraunhofer IFAM neuartige Polymere für FVK, welche die gewünschten Eigenschaften der Thermoplaste und Duromere in sich vereinen sowie neue und energieeffizientere Fertigungs-, Formgebungs- und Recyclingverfahren von FVK ermöglichen.

 

Grüne Schifffahrt

Die Schifffahrt setzt verstärkt auf umweltschonende Technologien und reagiert damit auf die Notwendigkeit, Schiffsemissionen massiv zu senken und sowohl Schiffbau als auch Schifffahrt effizient und nachhaltig zu gestalten. Innovative Materialien und der digitale Wandel bieten große Chancen für Wachstum, Fortschritt und effektiven Umweltschutz. Das Fraunhofer IFAM leistet mit den Entwicklungsschwerpunkten wie Beschichtungen für den Korrosions- und Bewuchsschutz, strömungswiderstandreduzierende Oberflächen, klebtechnische Fertigung im Schiffbau sowie Leichtbau einen wichtigen Beitrag. Die Forscherinnen und Forscher des Instituts entwickeln beispielsweise Leichtbaulösungen auf Basis nachwachsender Rohstoffe, forschen an demontagegerechten Bauweisen auf Basis von Fügekonzepten und zeigen damit mögliche Bauteil- und Werkstoffkreisläufe auf. Darüber hinaus gewinnen Themen wie die Elektrifizierung von Schiffsantrieben und elektrische Energiespeicher für Überund Unterwasseranwendungen mehr und mehr an Bedeutung.

 

Klebtechnik unterstützt Kreislaufwirtschaft und Ökobilanzen

In der Industrie sind Materialentwicklungen und Verbindungstechnologien zur Ressourcenschonung und Vermeidung einer Linearwirtschaft gefragt. Für dieses Ziel haben Expertinnen und Experten des Fraunhofer IFAM ihr Fachwissen gebündelt und in der Studie »Kreislaufwirtschaft und Klebtechnik« veröffentlicht. Sie beschreibt branchenübergreifend und umfassend die Rolle der Klebtechnik im Kontext von Kreislaufwirtschaft sowie Ökobilanzen und ordnet diese in die politischen Rahmenbedingungen aus globaler und europäischer Sicht ein. Durch eine kontinuierliche Weiterentwicklung von Rohstoffen, Klebstoffen und geklebten Produkten hat die Klebtechnik in den vergangenen Jahrzehnten eine hohe Akzeptanz erfahren. Im Hinblick auf die stetig zunehmenden regulatorischen Auflagen besitzt die Klebstofftechnologie das Potenzial, diese mit technischen Innovationen zu beantworten. Dabei müssen in der Zukunft die Wertschöpfungsketten geklebter Produkte ganzheitlich und zusammenhängend über den gesamten Lebenszyklus – Herstellung, Nutzung und Entsorgung – betrachtet werden. Nur so sind die Möglichkeiten der Klebtechnik für die Kreislaufwirtschaft und gleichzeitig die Effekte auf entsprechende Ökobilanzen geklebter Produkte fachlich richtig darstellbar. Diese Potenziale werden in der Studie an ausgewählten Anwendungen exemplarisch dargestellt.

 

Implantate: Nachhaltig für den Patienten durch zweifachen Infektionsschutz

Wer heute im Krankenhaus ein künstliches Knie-, Schulter- oder Hüftgelenk bekommt, darf darauf vertrauen, dass er die bestmögliche Behandlung auf dem neuesten Stand der Medizin erhält. Doch ohne Risiko ist das Einsetzen von Implantaten nicht. Nach der Operation können beispielsweise Infektionen auftreten. Wenn die verabreichten Antibiotika nicht helfen, droht ein langwieriger und schmerzhafter Verlauf. Im schlimmsten Fall muss das Implantat ersetzt werden. Ein neuer Ansatz vom Fraunhofer IFAM verspricht nun, das Infektionsrisiko deutlich und nachhaltig zu senken. Hierfür wird das Implantat mit einer hybriden Beschichtung versehen: Antibakteriell wirksames Silber und ein Antibiotikum, das individuell auf die Person abgestimmt ist. Weiterentwickelt, getestet und realisiert haben die Fraunhofer-Forschenden diese Idee im Projekt »AntiSelektInfekt« in Zusammenarbeit mit Forscherinnen und Forschern des Julius Wolff Instituts und des BIH Centers for Regenerative Therapies (BCRT) der Berliner Charité.