Bausteine aus der Natur, die durch Evolution bereits perfektioniert wurden, sind hervorragend dafür geeignet, neue Werkstoffe und Oberflächen mit unterschiedlichen Funktionalitäten zu entwickeln. Diese können je nach Bedarf beispielsweise antimikrobiell, biokompatibel oder biologisch abbaubar sein. Als Institut mit Schwerpunkten in den Bereichen Kleb- und Oberflächentechnik ist es unser Ziel, Eigenschaften zu generieren, die für konkrete Anwendungen mit Bezug auf die Adhäsion erforderlich sind. Dabei arbeiten wir vorrangig mit den klassischen Bausteinen aus der Natur wie Zucker, Fetten und Proteinen und daraus abgeleiteten biobasierten Polymeren.
Funktionelle Oberflächen
Oberflächen spielen in der Natur ebenso wie in vielen technischen Anwendungen eine zentrale Rolle. Am Beispiel von Analytik oder Implantaten wird dies deutlich: Durch die Anbindung eines Moleküls an der Oberfläche (z.B. Laccase) ergeben sich Oberflächeneigenschaften, die Spurenanalytik den Weg ebnen oder die Biokompatibilität steigern. Wir entwickeln Oberflächen für unterschiedliche Anwendungen und testen diese mit modernen, aber auch standardisierten Methoden wie einer Quarzkristall-Mikrowaage oder in der Zellkultur. Über Oberflächenmodifikation oder Strukturierung verleihen wir der Oberfläche gezielt Eigenschaften, die beispielsweise die Zellinteraktionen verbessern. Eine weitere Anwendung ist der Antifoulingeffekt, der über eine Funktionalisierung der Oberflächen mit geeigneten Biomolekülen erzielt werden kann.
Klebstoffe aus natürlichen Materialien
Kleben gehört in der Natur zu den dominierenden »Fügetechniken« und steht in direktem Zusammenhang mit den involvierten Oberflächen. Natürliche »Klebstoffe« dienen dabei ganz unterschiedlichen Zielstellungen und sind auf individuelle Anwendungen optimiert. Dazu zählen das Anhaften von Proteinen und Zellen aber auch ganzer Organismen an Oberflächen. Wir nutzen diese Konzepte für analytische Fragestellungen im Bereich der Materialentwicklung.
Dabei gilt unser Anspruch dem Einsatz nachwachsender Rohstoffe, um den Wechsel von mineralölbasierten zu ressourcenschonenden Rohstoffen aktiv mitzugestalten. Unsere Materialentwicklungumfasst dabei das Ziel der Maximierung des biogenen Anteils, aber auch den Ersatz umweltbedenklicher Komponenten in Klebstoffen durch Alternativen wie beispielsweise für Papierklebungen.
Neben der Entwicklung und der Erprobung biobasierter Materialien spielt die Klärung elementarer Fragestellungen zu Biokompatibilität, Zellinteraktionen und Degradationsprofil nach DIN EN ISO 10993 im Kontext von Medizinprodukten eine zentrale Rolle. Ebenso beschäftigen wir uns mit Fragen nach Abbauprodukten, Alterungund zur Recyclisierbarkeit neuer Materialien aus Recyclaten oder Biomaterialien. Hierfür sind wir mit modernen Geräten wie GC-MS und MALDI-ToF ausgestattet.
Zusammenarbeit in interdisziplinären Forschungsprojekten
Die hier skizzierten Fragestellungen bearbeiten wir in interdisziplinären Forschungsprojekten sowohl abteilungsübergreifend am Fraunhofer IFAM als auch mit nationalen und internationalen Partnern. Zur Validierung der generierten Materialien bzw. Oberflächenmodifikationen werden analytische, mikrobiologische oder zellbiologische Testungen in Anlehnung an bestehende Normen durchgeführt.Die STA ermöglicht als Kombination von DSC und TG die simultane Bestimmung des thermischen Verhaltens und einer damit möglicherweise zusammenhängenden Masseänderung.
Unsere Arbeitsschwerpunkte im Bereich Biomimetik/Biomaterialien auf einen Blick zusammengefasst:
- Kleben in der Medizin(histologische Präparate, Dentalmedizin etc.)
- Oberflächenmodifizierung und -analytik für die Medizintechnik
- Klebstoffe auf Basis nachwachsender Rohstoffe
- Nutzung biologischer Konzepte für Materialienentwicklung (Biologische Transformation)
- Bioanalytik:
- Mikrobiologisches Labor für antimikrobielle/antivirale Testungen
- Zellkulturlabor für Biokompatibilitätstestungen
- Real-Time-/ quantitative PCR (qPCR) Analytik
- QCM-D Messungen (akustische Methode zur Oberflächencharakterisierung)
- MALDI-ToF MS
- GC-MS
- Texture Analyzer
- Bestimmung Enzymaktivitäten
- Entwicklung von Oberflächen mit antimikrobiellen Eigenschaften – z. B. über Peptide oder Wirkstofffreisetzung
- Gezielte Oberflächeninteraktion von Proteinen und Zellen, z. B. für die Diagnostik
- Biokompatible Oberflächen, z. B. für Implantate
- Biofunktionalisierung von Partikeln
Ihre Ansprechpartnerin zum Thema Biomaterialien:
Linda Gätjen ist Projektleiterin in der Abteilung »Klebstoffe und Polymerchemie«. Die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten der Abteilung befassen sich mit allen biologischen, technischen und chemischen Fragen, die sich aus den Anwendungen Kleben, Materialprüfung und funktionalisierten Oberflächen ergeben. Aufgrund der stetig steigenden Nachfrage nach ressourcenschonenden und steuerbar degradierbaren Materialien, bilden die Biomaterialien dabei einen besonderen Schwerpunkt.