Simulation von Gießprozessen
Ein wichtiger Schritt für jede Gussteilentwicklung ist die Prozesssimulation, in der die Gestaltung des Gussteils selbst, aber auch der Form auf fertigungsgerechte Auslegung hin überprüft und ggf. optimiert wird. Durch eine detailgetreue Abbildung des gesamtem Gießvorgangs sowie der anschließenden Erstarrung können wir Bereiche identifizieren, in denen mit hoher Wahrscheinlichkeit Gussfehler auftreten werden. Die begleitende Simulation verkürzt signifikant Entwicklungszeiten und ermöglicht vielfach die Einsparung oder Reduzierung von praktischen Versuchsreihen durch eine realitätsgenaue Abbildung von Prozessen und Vorgängen. Im Sinne eines digitalen Zwillings kann sie darüber hinaus der Prozessüberwachung und -steuerung dienen.
Kritische Bereiche im Gussteil erkennen und Gussfehler (bspw. Lunker) minimieren
Bei Gussfehlern kann unterschieden werden zwischen Defekten, die primär durch die Formfüllung bestimmt sind, und solchen, die in erster Linie durch die Erstarrung beeinflusst werden. Zu ersteren zählen je nach Prozess unter anderem eingeschleppte Oxide, Oxidhäute, Gasporosität etc., während als typische Beispiele für letztere Lunker sowie Eigenspannungen und Verzug zu nennen sind.
Durch die numerische Abbildung von Formfüllung und Erstarrung können unsere Expertinnen und Experten der Gießereitechnologie kritische Bereiche im Gussteil nicht nur erkennen, sondern durch entsprechende Anpassung von Prozessparametern oder Geometrien deren Einfluss auf das Bauteilverhalten minimieren. Das Ziel aktueller Forschungsaktivitäten am Fraunhofer IFAM in diesem Bereich ist es, ein vertieftes Verständnis der Zusammenhänge zwischen Prozess und Bauteileigenschaften zu erlangen. Bspw. über eine bessere Materialausnutzung und die Reduzierung von Ausschussquoten lassen sich so Potenziale bezüglich einer ganzheitlichen Bewertung der Nachhaltigkeit gegossener Bauteile erkennen und ausschöpfen.
Finite Elemente Methode (FEM) bietet Möglichkeiten für Optimierung von Bauteilvarianten bereits in der Simulation
Parallel zur gießtechnischen Gestaltung und Prozesssimulation erfolgt die Auslegung der Gussteile hinsichtlich ihrer Funktionseigenschaften. Hierbei können je nach Anwendung strukturelle Eigenschaften wie Festigkeit und Steifigkeit oder funktionale Größen wie elektrische oder thermische Leitfähigkeit im Vordergrund stehen – letzteres etwa im Falle von Komponenten für den elektrischen Antriebsstrang (u. a. gegossene Kurzschlussringe etc. für Elektromotoren oder Kühlkanäle in Elektromotor-, Leistungselektronik- oder Batteriegehäusen).
Hier bietet die Finite Elemente Methode (FEM) die Möglichkeit, Bauteilvarianten bereits in der Entwicklung in virtuellen Experimenten zu bewerten und zu optimieren. Dabei können wir auch auf eine Verknüpfung von Prozess- und Bauteilsimulation zurückgreifen, die es uns ermöglicht, prozessbedingte Eigenschaftsvariationen in die Bewertung aufzunehmen.
Vielseitige Potenziale für den Leichtbau
Ein zentrales Paradigma des Leichtbaus lautet, das richtige Material am richtigen Ort einzusetzen. Neben technologischen Voraussetzungen, wie sie am Fraunhofer IFAM etwa in dern Bereichen Verbund- und Hybridguss geschaffen werden, erfordert die Umsetzung dieses Ansatzes geeignete Optimierungswerkzeuge. Diese erlauben es in Kombination mit der Finite Elemente Methode, das volle Leichtbaupotenzial der jeweiligen Komponente auszuschöpfen.
Für die resultierenden Multimaterial-Bauteile gelten jedoch vollkommen andere Randbedingungen, die sowohl in der Abbildung des Gießprozesses als auch in der Simulation des Bauteilverhaltens berücksichtig werden müssen. Dies betrifft vor allem den Übergangsbereich zwischen den betreffenden Materialien. Um diese Zone in ihrem Verhalten korrekt abzubilden, werden am Fraunhofer IFAM anhand zugeschnittener Experimente spezielle Grenzschichtmodelle entwickelt, die sowohl das thermische als auch das mechanische Verhalten der Verbundzone derartiger Bauteile beschreiben und Parameter liefern, die direkt in die Prozess- und Bauteilsimulation einbezogen werden können. Weiterführende Entwicklungen zielen auf eine Vorhersage derartiger Bauteileigenschaften aus der Prozesssimulation ab.
Zur Optimierung von Materialverteilungen innerhalb eines Bauteils mit dem Ziel maximaler Steifigkeit steht am Fraunhofer IFAM die Methode der Mehrphasen-Topologieoptimierung (MPTO) zur Verfügung.