Oberflächenmodifizierte Silikone

VUV-Strahlung optimiert Silikoneigenschaften an der Oberfläche

© Fraunhofer IFAM
Der Reibwert von Silikonelastomeren gegenüber diversen Oberflächen lässt sich stufenlos um bis zu 90 Prozent reduzieren.
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Am Beispiel des halbseitig modifizierten Silikons ist erkennbar, dass die Anhaftung von Schmutz signifikant reduziert ist.
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Mikroskopaufnahme von modifizierter und unbehandelter Silikonoberfläche nach Bedeckung mit Staub und anschließendem Abblasen.

Silikonelastomere begegnen uns in vielen unterschiedlichen Bereichen. Aufgrund ihrer hohen Elastizität, ihrer sehr guten Temperaturbeständigkeit und ihrer Biokompatibilität eignen sie sich für verschiedenste Anwendungen, beispielsweise in der Medizin- oder Lebensmitteltechnik. Die Oberflächeneigenschaften des Materials hingegen sind nicht ideal und erschweren den Einsatz in bestimmten Anwendungen. So sind Silikone beispielsweise verschleißanfällig, schmutzanziehend und lassen sich nur bedingt kleben. Am Fraunhofer IFAM wurde ein Verfahren entwickelt, mit dem sich die Oberflächen schnell und flexibel modifizieren lassen ohne die hervorragenden mechanischen Eigenschaften der Silikone zu beeinträchtigen.

 

Weniger Verschleiß und vereinfachte Montage durch reibungsarme Silikonelastomere

Silikonelastomere haben sehr hohe Reibungskoeffizienten, was insbesondere zu einer starken Verschleißanfälligkeit führt, aber auch das Handling, zum Beispiel bei der Montage von Silikon-O-Ringen, erschwert. Hierfür gibt es nun eine einfache Lösung, denn die Expertinnen und Experten am Fraunhofer IFAM haben mit SilMoLight® eine Low-CoF-(reibungsarme) Modifizierung entwickelt, die auf nahezu allen Silikonoberflächen funktioniert und den Silikonen eine höhere Beständigkeit verleiht. Der Reibwert lässt sich stufenlos um bis zu 90 Prozent reduzieren. 

Das technisch einfach zu nutzende und nachhaltige Verfahren sieht lediglich eine Bestrahlung der Oberflächen mittels spezieller UV-Lampen vor (VUV-Technik). Dabei bleiben die positiven mechanischen Eigenschaften der Silikone erhalten, während die veränderten Oberflächeneigenschaften als Funktionsschicht neue Applikationen, beispielsweise eine vereinfachte Montage von Schläuchen oder Ringen, ermöglichen.

 

Silikone mit schmutzabweisenden Oberflächen

Hygiene und Sauberkeit sind in vielen Anwendungsfeldern von Silikonen unerlässlich. Aufgrund ihrer hohen Oberflächenklebrigkeit sind Silikonelastomere jedoch äußerst schmutzanziehend, was ihren Einsatz vor allem in medizinischen und optischen Anwendungen erschwert. Die SilMoLight®-Modifizierung gestaltet Silikonoberflächen nicht nur reibungsarm, sondern auch schmutzabweisend. Durch die Bestrahlung mit kurzwelliger UV-Strahlung werden die Oberflächen glatter und härter. Dies führt zu deutlich reduzierter Staub- und Schmutzpartikelanhaftung. Zudem lassen sich die Flächen spürbar leichter reinigen. Dieser langzeitstabile Effekt wurde für zahlreiche Normstäube und Partikel getestet. Die materialseitigen Vorteile der Silikone wie z. B.:

  • Materialtreue (keine Beschichtung / kein Fluoreinbau),
  • Keine Veränderung des Bulkmaterials,
  • Elastizität,
  • Temperaturbeständigkeit und
  • Biokompatibilität

bleiben nach der Bestrahlung erhalten. Die genannten Effekte sind für nahezu beliebige Silikonoberflächen generierbar, für Silikondichtungen, -profile, -schläuche, O-Ringe, Ummantelungen und Verkapselungen sowie Silikonformteile aller Art.

Konkrete Anwendungsbeispiele sind:

Anwendungsbereich Anwendungsbeispiele
Optiken
  • Scheinwerfer
  • LEDs
  • Straßenbeleuchtung
Textilien
  • Zelte
  • Airbags
  • Kunstleder
  • Faltenbalg
Elektronik
  • Bedienelemente
  • Tastaturen

Haushaltsgeräte

  • Backformen
  • Schaber
  • Gerätedichtungen
Mutter-Kind-Produkte
  • Schnuller
  • Brustpumpen
  • Kinderbrillen
Freizeitprodukte
  • Fallschirm
  • Taucherbrillen
  • Griffe
Medizintechnik
  • Masken
  • Ventile und Silikonheizungen in Atem- und Beatmungsgeräten
  • Katheter
  • Endoskope
  • Exo-Prothesen
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Klebstofffrei gefügter Glas/Silikon/Glas-Verbund, hergestellt nach VUV-Oberflächenaktivierung, ausgelagert in gefärbtem Wasser.

Optimierte Hafteigenschaften – mit oder ohne Klebstoff

Verschiedene Anwendungen erfordern das Kleben von Silikonbauteilen. Dies stellt Anwender häufig vor Probleme, da Silikone sehr reaktionsträge sind. Durch VUV-Bestrahlung können Oberflächen aktiviert werden, sodass die Bandbreite an möglichen Klebstoffen zum Fügen von Silikonbauteilen erweitert wird. So können zukünftig beispielsweise Epoxidharze, Polyurethan-Klebstoffe und mit sehr guter Haftfestigkeit auch Klebebänder zum Einsatz kommen. Dadurch wird der Klebprozess flexibler. Eine Vor-Ort-Aktivierung wird möglich und es gibt neue Gestaltungsmöglichkeiten der Bauteile. Zudem kann auf chemische Haftvermittler komplett verzichtet werden. 

Besonders innovativ ist die Möglichkeit, VUV-aktivierte Silikonoberflächen ohne Klebstoff stoffschlüssig zu verbinden. Dies gelingt im sogenannten Bond-Verfahren für Silikonfügeteile im homogenen Verbund oder im heterogenen Verbund mit Glas, Aluminium oder Stahl. Die Verbunde sind alterungs- und hydrolysestabil. Die Einsatzmöglichkeiten sind umfangreich und reichen von stoffschlüssigen Trockenstoffdichtungen bis zum Klebstoffverzicht in medizinischen Produkten und Geräten.

 

Die Arbeitsgruppe »VUV-Technik« am Fraunhofer IFAM erforscht den Einsatz von UV-Lampen in der Oberflächenbehandlung. Das Arbeitsfeld der UV-modifizierten Silikone ist breit, denn die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig. Die Silikonmodifizierung mittels UV-Licht wurde im Rahmen der IGF-Vorhaben 17551 N, 18704 N und 19773 N vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.