Akkreditiertes Werkstoffprüflabor

Versuche für die Werkstoffprüfung und Bauteilsimulation sowie Prüfung von Klebverbindungen

Dynamische Rissfortschrittuntersuchung.
© Fraunhofer IFAM
Dynamische Rissfortschrittuntersuchung.
Versuche an der Hochgeschwindigkeitsprüfmaschine werden durchgeführt, um Materialmodelle für die Crash-Simulation zu ermitteln und zu validieren.
© Fraunhofer IFAM
Versuche an der Hochgeschwindigkeitsprüfmaschine werden durchgeführt, um Materialmodelle für die Crash-Simulation zu ermitteln und zu validieren.
Identifikation von Materialmodellparametern eines Polyurethanklebstoffs durch Zugscherversuche.
© Fraunhofer IFAM
Identifikation von Materialmodellparametern eines Polyurethanklebstoffs durch Zugscherversuche.

Das Fraunhofer IFAM verfügt über ein nach DIN EN ISO 9001:2015 zertifiziertes Werkstoffprüflabor. Dieses Labor ist für die in der DAkkS-Urkunde genannten Verfahren nach DIN EN ISO/IEC 17025:2018 akkreditiert. Hier werden Versuche durchgeführt, um Werkstoffe, Strukturen und insbesondere Klebverbindungen nach genormten und selbst entwickelten Verfahren zu prüfen, z. B. für die Automobilindustrie oder den Schienenfahrzeugbau. Die Ergebnisse dieser Versuche bilden die Grundlage für die Simulation des Bauteilverhaltens. Im Fokus vieler Arbeiten steht das Zugverhalten von faserverstärkten Kunststoffen, aber auch die Schlag- und Schälfestigkeit von Klebungen sind Gegenstand der Prüfungen. Insbesondere um das komplexe Verhalten von Klebverbindungen zu beschreiben, entwickeln die Forscherinnen und Forscher bei Bedarf auch maßgeschneiderte Prüfmethoden.

 

Mechanische Prüfung von Werkstoffen und Bauteilen

Das Werkstoffprüflabor ist mit unterschiedlichen Prüfständen für die mechanische Prüfung von Werkstoffen und Bauteilen ausgestattet. Insbesondere für polymere Werkstoffe, Faserverbunde, Klebstoffe und Klebverbindungen werden strukturelle Eigenschaften ermittelt, wie:

  • Steifigkeit und Festigkeit
  • Ermüdung und Betriebsfestigkeit
  • Kriechverhalten
  • Bruchmechanische Eigenschaften

Die Materialkennwerte werden für Finite-Elemente-Simulationen genutzt, die auf Kundenwunsch auch inhouse durchgeführt werden können. Außerdem können die Kennwerte die Grundlage für die Nachweisführung für geklebte Strukturen und Bauteile z.B. nach DIN 6701 bilden.

 

Elektromechanische und servohydraulische Prüfmaschinen

Das Werkstoffprüflabor bietet Versuchsmöglichkeiten um Werkstoffe, Verklebungen und kleinere Strukturen bis zu 2 Metern zu prüfen.

An den elektromechanischen Prüfmaschinen werden zum Beispiel Zug- und Druckversuche an Klebstoffen, Klebverbindungen und Faserverbundwerkstoffen durchgeführt. Diese Prüfmaschinen sind für Abzugsgeschwindigkeiten bis ca. 0,01 m/s geeignet. Für Versuche unter schwingender Belastung mit bis zu 50Hz stehen servohydraulische und elektrodynamische Prüfstände zur Verfügung. Versuche mit crashrelevanten Geschwindigkeiten von bis zu 20 m/s können an einer speziellen Hochgeschwindigkeitsprüfmaschine durchgeführt werden.

Für Versuche unter praxisrelevanten Umgebungsbedingungen sind fast alle Prüfmaschinen mit Klima- bzw. Temperierkammern ausgestattet. Es können Prüfungen im Temperaturbereich von -50° C bis 200° C durchgeführt werden. Darüber hinaus sind Prüfungen in Flüssigstickstoff (-196° C) möglich. Zudem steht ein Prüfsystem für den Bereich zwischen -170° C und -50 °C zur Verfügung.

Für Kriechversuche stehen statische Prüfsysteme, die mit Gewichten und Federn arbeiten, zur Verfügung. Außerdem können die Forscherinnen und Forscher Prüfsysteme für spezielle Anwendungen und Bauteilprüfungen aufbauen.

Für präzise Verformungsmessungen, wie sie z.B. dünne Klebschichten erfordern, stehen taktile und optische Messysteme zur Verfügung.

  • Induktive und kapazitive Sensoren
  • Video-Extensometer
  • Laser-Extensometer
  • Digitale Bildkorrelation
  • Dehnungsmesstreifen
Das Ermüdungsverhalten hochelastischer Dickschichtklebungen wird bei gleichzeitiger Einwirkung eines feuchtwarmen Klimas untersucht.
© Fraunhofer IFAM
Das Ermüdungsverhalten hochelastischer Dickschichtklebungen wird bei gleichzeitiger Einwirkung eines feuchtwarmen Klimas untersucht.
Beobachtung der Rissentwicklung am Digitalmikroskop.
© Fraunhofer IFAM
Beobachtung der Rissentwicklung am Digitalmikroskop.

Auswahl an Prüfverfahren

In unserem Labor werden standardisierte und nicht standardisierte Prüfungen durchgeführt, die für polymere Werkstoffe, Klebstoffe, Klebverbindungen und Faserverbunde relevant sind. Die Versuchsergebnisse fließen auch als Ansatzfreiwerte in Werkstoffmodellgesetze für die Nachweisführung mit der Finite-Elemente-Methode ein, z.B. für die Crashsimulation mit Kohäsivzonenelementen.

Mit diesen und weiteren speziellen Versuchsformen  – teils in Kombination eingesetzt – beschreiben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das komplexe Verhalten von Klebverbindungen und Verbundwerkstoffen. Dabei untersuchen sie u. a. den Einfluss des hydrostatischen Spannungsanteils sowie von Temperatur und Feuchtigkeit auf die Werkstoffeigenschaften.

 

Qualitätssicherung

Unter den zahlreichen Prüfverfahren, die das Werkstoffprüflabor anbietet, sind aktuell sechs Verfahren durch die DAkkS akkreditiert.

Die Akkreditierungsurkunde finden Sie hier.

Nicht nur für die akkreditierten Verfahren hat das Fraunhofer IFAM sich verpflichtet, die Messunsicherheiten zu berücksichtigen. Auch für neu entwickelte Prüfmethoden erfolgt eine Betrachtung der Messunsicherheiten und deren Berücksichtigung nach gängigen Standards.

 

Finite-Elemente-Simulation und Nachweisführung

Die aus den o.g. Prüfungen gewonnenen Erkenntnisse werden in Simulationsansätze überführt und bilden so die Grundlage für die Nachweisführung für Klebverbindungen für Automobilbau, Luftfahrt, Schiffbau und Schienenfahrzeugbau.

Das Fraunhofer IFAM unterstützt Sie dabei, Werkstoffmodelle, Materialkarten und Verfahren zur Simulation des mechanischen Verhaltens geklebter Strukturen zu etablieren. Dabei können verschiedene Wege beschritten werden:

  • Kontinuumsmechanische Modelle bieten die Grundlage für die detaillierte lokale Analyse der Klebverbindung,
  • vereinfachte Ersatzmodelle (z.B. Kohäsivzonenelemente) erleichtern die zeitnahe Umsetzung in der industriellen Anwendung.

 

Beispiel: Hochgeschwindigkeitsversuche und -simulationen vor dem Crash-Test

Crash-Tests für Gesamtfahrzeugkonstruktionen sind der letzte Schritt im Prozess der Fahrzeugentwicklung.

Reale Versuche sind mit einem sehr hohen Aufwand in der Versuchstechnik und damit sehr hohen Kosten verbunden. Dieser kostspielige Prozess wird daher durch Crashsimulationen unterstützt. Voraussetzung für diese Simulationen sind Materialmodelle, die mit einer Hochgeschwindigkeitsprüfmaschine gemessen und über Finite-Elemente-Modelle verifiziert werden.

 

Dr. Christof Nagel forscht in der Abteilung »Polymere Werkstoffe und Bauweisen« und leitet das Werkstoffprüflabor. Er berät nicht nur umfassend zur Prüfung von Klebverbindungen, sondern auch zur Modellbildung für die Simulation geklebter Strukturen. Die Anwendungsfelder reichen von der Luft- und Raumfahrt über den Fahrzeug- und Schiffbau bis zu Anwendungen in der Energietechnik.