Automatisierter Bauteiltoleranzausgleich im Flugzeugbau

Effiziente Montage von Großstrukturen: Neue Wege durch Automatisierung und Digitalisierung in Fügeprozessen

Vermessung der Hinterholmgeometrie einer Flugzeug-Seitenleitwerkbox mittels Linienscanner zur digitalen Ermittlung der Spaltmaße zwischen den Rudergabeln und dem Hinterholm.
© Fraunhofer IFAM
Vermessung der Hinterholmgeometrie einer Flugzeug-Seitenleitwerkbox mittels Linienscanner zur digitalen Ermittlung der Spaltmaße zwischen den Rudergabeln und dem Hinterholm.
Vollautomatisierter Dosierprozess für den spaltgetreuen Auftrag des pastösen Shim-Materials auf die Rudergabel.
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Vollautomatisierter Dosierprozess für den spaltgetreuen Auftrag des pastösen Shim-Materials auf die Rudergabel.
Automatisierungsstation zum Einstellen der zuvor vermessenen Hinterholmgeometrie einer Flugzeug-Seitenleitwerkbox für den Prozess-ausgelagerten Bauteiltoleranzausgleich        einer Rudergabel (»Offline Shimming«).
© Fraunhofer IFAM
Automatisierungsstation zum Einstellen der zuvor vermessenen Hinterholmgeometrie einer Flugzeug-Seitenleitwerkbox für den Prozess-ausgelagerten Bauteiltoleranzausgleich einer Rudergabel (»Offline Shimming«).

Das Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM in Stade hat im Rahmen des Forschungsprojekts »Fast-FlexMont2« eine Automatisierungslösung zur effizienten Großstrukturmontage im 1:1-Maßstab demonstriert. Durch den Einsatz fortschrittlicher Mess- und Referenzierungsmethoden, hochpräziser Positionierungstechnologien sowie die Implementierung einer kontinuierlichen digitalen Prozesssteuerung resultierte ein entkoppelter Prozess zum automatisierten Toleranzausgleich von Flugzeugbauteilen. Standzeiten konnten reduziert und die Effizienz der Fügeprozesse in der im Projekt fokussierten Seitenleitwerksmontage erhöht werden. 

Die Anwendung reicht über die Luftfahrt hinaus und vergleichbare Effizienzgewinne lassen sich durch kleinere Anpassungen der Lösungen auch in anderen Industriezweigen erzielen.

Im Rahmen des Projekts »Fast-FlexMont2« (»Forschung zu agilen Produktionstechnologien für CFRP-Boxstrukturen«), gefördert vom deutschen Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), wurde eine Lösung entwickelt, um die Effizienz bei der Montage von Flugzeugseitenleitwerken zu erhöhen. Dabei spielt die hochpräzise Positionierung von Bauteilen, insbesondere im Flugzeugbau, eine entscheidende Rolle. In Zusammenarbeit mit Airbus und FFT Produktionssysteme GmbH & Co. KG entstand eine Methode, bei der ein spezielles, pastöses Shim-Material abseits der Montagelinie automatisiert auf eine Rudergabel aufgetragen und vor Einbau in das Seitenleitwerk ausgehärtet wurde. Das eingesetzte spaltfüllende Material diente dem Ausgleich entstehender Ungenauigkeiten bei der Montage von Bauteilen an toleranzbehafteten Strukturen.

Digitalisierung als Enabler zur Parallelisierung von Prozessen 

Ermöglicht wurde die Parallelisierung von Arbeitsschritten innerhalb der Produktion insbesondere durch die sensorische Erfassung der Oberflächengeometrie der jeweiligen Fügebereiche. In der zunächst virtuell durchgeführten Montage erfolgte die für die Shim-Applikation maßgebende Berechnung der genauen Spaltvolumen durch Zusammenführen von Messdaten und Sollpositionen. Dieser adaptive Prozess konnte danach unabhängig vom Seitenleitwerk an einer ausgelagerten Station erfolgen, wodurch sich Stillstand- und Wartezeiten vermeiden ließen. Dabei erlaubten automatisierte und digital vernetzte Prozesse einerseits auf die Bauteiltoleranzen und anderseits auf die Varianz der unterschiedlich dimensionierten Rudergabeln zu reagieren. Das volumengenaue Dosieren und bedarfsgerechte Auftragen sowie die präzise Formgebung und Kantenglättung des Shims basierte auf einer digital durchgeführten Best-Fit-Ermittlung und den daraus berechneten Werten. Nach Aushärtung der Spaltfüllung wurde die fertig geshimmte Rudergabel in das Seitenleitwerk eingesetzt.

Prozessautomatisierung mittels Leichtbaurobotik

Für das Bauteilhandling und das präzise Positionieren kamen leichte, roboterbasierte Montagehilfesysteme zum Einsatz, die manuelle Fertigungsprozesse erleichterten und gleichzeitig eine konsistente Qualität sicherstellten. Neben der agilen Fertigung ermöglichte diese Optimierung auch die Reduzierung von Standzeiten technischer Ressourcen durch die Parallelisierung von Arbeitsschritten, was zudem die Produktivität steigerte und die Kosten senkte.

Potenzial der Kostenreduktion und Effizienzsteigerung auch für andere Branchen

Die Idee, spaltfüllendes Material zum Ausgleich geometrischer Toleranzen in der Montage automatisiert aufzutragen und auszuhärten, ist nicht nur auf Flugzeugseitenleitwerke beschränkt. Durch die Anpassungsfähigkeit des Systems kann es sowohl für andere Strukturen als auch in anderen Branchen – wie Schienenfahrzeug-, Schiffs-, Nutzfahrzeug- und Windenergieanlagenbau – eingesetzt werden. Die Vorteile liegen auf der Hand: Kosteneinsparungen und Effizienzsteigerung sind nicht nur für die Luftfahrtindustrie von Bedeutung, sondern auch in anderen Sektoren erstrebenswert.

»FastFlexMont 2«-Anlage zur effizienten Montage von Großstrukturen im 1:1-Maßstab mittels Leichtbaurobotik am Fraunhofer IFAM in Stade.
© Fraunhofer IFAM
»FastFlexMont 2«-Anlage zur effizienten Montage von Großstrukturen im 1:1-Maßstab mittels Leichtbaurobotik am Fraunhofer IFAM in Stade.

In einer dem neusten Stand entsprechenden und einmaligen produktionsnahen Forschungsumgebung des Fraunhofer IFAM in Stade wird Innovation großgeschrieben – insbesondere, wenn es um die Steigerung der Effizienz von Montage- und Fügeprozessen geht. 

Hier bündelt das Fraunhofer IFAM im Bereich Fügen und Montieren branchenübergreifendes Know-how und wandelt es in technologische Lösungen um, die den Anforderungen der Kunden auf möglichst pragmatische und kostengünstige Weise bis ins Detail Rechnung tragen.

Diese wegweisenden Entwicklungen sind nicht nur im Flugzeugbau von Bedeutung, sondern finden auch Anwendung in anderen Branchen, wie Schienenfahrzeug-, Nutzfahrzeug-, Automobil-, Schiff - oder Windenergieanlagenbau. Das Fraunhofer IFAM in Stade ist somit sowohl ein Schauplatz wissenschaftlicher Exzellenz als auch ein Motor für bahnbrechende Fortschritte in der industriellen Fertigung.

Die beschriebenen Ergebnisse wurden in Kooperation mit Airbus Operations GmbH und FFT Produktionssysteme GmbH & Co. KG im Rahmen des Luftfahrtforschungsprojekts »Fast-Flexmont2« (»Erforschung agiler Produktionstechnologien für CFK-Boxstrukturen«; FKZ: 20W1728C) erarbeitet. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz förderte dieses Projekt aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.

Automated Rudder Hinge Assembly in Aircraft Vertical Tail Planes (VTP) by Fraunhofer IFAM in Stade

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Automated Rudder Hinge Assembly in Aircraft Vertical Tail Planes (VTP) by Fraunhofer IFAM in Stade