Herausforderungen für die Festkörperbatterie

Trockenherstellung von polymerbasierten Festkörperelektrolyten

Extrudierter Polymerelektrolyt in Separatorform gestanzt.
© Fraunhofer IFAM
Extrudierter Polymerelektrolyt in Separatorform gestanzt.

Die Festkörperbatterie (engl. ASSB) gehört zu der Technologie nächster Generationen, die aufgrund ihrer hohen Energiedichte herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien zukünftig ersetzen kann. Die derzeitige Herausforderung ist die Skalierung der Herstellungsprozesse der einzelnen Batteriekomponenten (z.B. des Festkörperelektrolyten). Das Fraunhofer IFAM erforscht die lösemittelfreie und damit trockene Prozessroute von polymerbasierten Festkörperelektrolyten mittels Extrusion. Die kontinuierlichen Funktionsweise verspricht eine unterbrechungsfreie Verarbeitungsmethode in Produktionsketten zu implementieren. Darüber hinaus bietet die Extrusion nicht nur die Möglichkeit im Kilomaßstab zu produzieren, sondern auch mögliche Prozesskosten durch das Wegfallen nachfolgender Trocknungsschritte zu reduzieren.

 

Skalierte Fertigung von Batteriekomponenten

Der stetig zunehmende Energiebedarf und die notwendige Speicherung regenerativer Energieformen fordert die Weiterentwicklung von elektrischen Energiespeichern. Eine dieser Weiterentwicklungen ist die Festkörperbatterie, welche zu den Batterien der nächsten Generation zählen. Bei einer Festkörperbatterie sind durch den Austausch des flüssigen Elektrolyten konventioneller Batterien durch einen festen Elektrolyten alle Komponenten fest. Dies bringt vielerlei Vorteile mit sich, z.B.:

  • Polymere werden aufgrund ihrer Elastizität und Verformbarkeit als Elektrolytmaterial eingesetzt, da Volumenänderungen der Elektroden während des Ladens und Entladens einer Batteriezelle kompensiert werden können.
  • Polymerbasierte Festkörperelektrolyte weisen gute Leitfähigkeiten bei erhöhten Anwendungstemperaturen auf.
  • Ein wesentlicher Vorteil von polymerbasierten Festkörperelektrolyten gegenüber sulfidischen oder oxidischen Festkörperelektrolyten ist das breite Spektrum an lösemittelbasierten und lösemittelfreien Verarbeitungsmethoden. Für die Skalierung ist vor allem die Untersuchung des Einflusses der Prozessparameter auf Produktqualität von hohem Interesse. Während der Skalierung muss der Erhalt der Produkteigenschaften gewährleistet werden.

Um diese Zusammenhänge besser verstehen zu können, hat das Fraunhofer IFAM ein experimentelles Setup ausgehend von Knetversuchen zur Untersuchung von geringen Mengen bis hin zu Extrusionsversuchen für die Produktion in größerem Maßstab entwickelt.

 

Voruntersuchungen der thermischen Verarbeitung und Materialstabilität mit Laborkneter

Da Extrusionsversuche einen hohen Materialverbrauch haben und zeitintensiv sind, können erste Voruntersuchungen mit Hilfe eines Laborkneters abgebildet werden, bspw. zur Bestimmung der Materialstabilität, während der thermischen und mechanischen Beanspruchung, sowie geeigneter Prozessparameter (bspw. Verarbeitungstemperatur). Dadurch lassen sich Prozessgrenzen ableiten, die im nächsten Schritt auf den Extruder übertragen werden können. Es kann unter anderem der Einfluss des Molekulargewichtes des Polymers und die Zugabe des Leitsalzes auf die thermische Prozessierung von polymerbasierten Festkörperelektrolyten bestimmt werden. Hierzu haben unsere Expertinnen und Experten eine wissenschaftliche Studie veröffentlicht.

Durch aufgenommene Prozessparameter (Drehmoment und Massetemperatur) während der Knetversuche können anschließend Aussagen über Plastifizierungseffekte und Degradationsverhalten des Polymers getroffen werden.

 

Inerte, trockene Extrusion von Polymerelektrolyten

Durch die Übertragung des Prozesses auf den Extruder ist die Verarbeitung von mehreren Kilogramm/h möglich. Die Herausforderung, die bei der Extrusion auftreten, sind u.a. die richtige Wahl des Schneckenaufbaus, der Materialzufuhr und der Schneckengeschwindigkeit, da diese einen Einfluss auf die Produktqualität und die Mischgüte des Endprodukts haben. Durch das gewonnene Knowhow aus den Knetversuchen lassen sich geeignete Schneckengeschwindigkeiten, Verarbeitungstemperatur und Verweilzeit der Materialien im Extruder in Bezug auf die Materialstabilität festlegen. 

Doppelschneckenextruder in einer Glovebox für die Trockenprozessierung von polymerbasierten Festkörperbatterien
© Fraunhofer IFAM
Doppelschneckenextruder in einer Glovebox für die Trockenprozessierung von polymerbasierten Festkörperbatterien.

Der in der Glovebox des Fraunhofer IFAM eingebaute Doppelschneckenextruder bietet im Gegensatz zum Laborkneter die Möglichkeit unter inerter Atmosphäre die Ausgangsstoffe kontinuierlich zu mischen. Die Schneckengeometrie kann zur Verbesserung der Mischgüte mit Knet- und Mischelementen ausgestattet werden. Das Anbringen einer Strang- oder Schlitzdüse ermöglicht die direkte Formgebung des Elektrolyten. Zwei Dosiereinheiten bieten die Möglichkeit, die Ausgangstoffe unabhängig voneinander dem Extrusionsprozess hinzuzufügen. Dadurch kann auf ein Vormischen der Materialien verzichtet werden, was in Hinblick auf die Skalierung des Prozesses mit einer möglichen Kostenreduzierung einhergeht. Der Prozess kann über aufgenommene Prozessparameter (Drehmoment und Druck an der Extruderdüse) überwacht werden.

Die beschriebenen Arbeiten sowie die verlinkte Veröffentlichung „Influence of Molecular Weight and Lithium Bis(trifluoromethanesulfonyl)imide on the Thermal Processability of Poly(ethylene oxide) for Solid-State Electrolytes“ wurden im Rahmen des Aufbaus des Fraunhofer-Zentrums für Energiespeicher und Systeme ZESS erarbeitet. Ein Schwerpunkt der derzeitigen Tätigkeiten des Fraunhofer IFAM am Fraunhofer ZESS liegt auf die Skalierung der Trockenprozessierung von Festkörperkomponenten (z.B. polymerbasierter Festkörperelektrolyt). 

Am Fraunhofer ZESS in Braunschweig erarbeitet das Fraunhofer IFAM Prozesse für die Serienfertigung von Festkörperbatterien. Hier entsteht ein Forschungsneubau mit Trockenraum zur Evaluierung verschiedener Prozesstechniken von der Materialsynthese bis zur Zellassemblierung. Die Arbeiten werden durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur („Niedersächsisches Vorab“, ZN3402) und das Bundeministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.